Leider konnten wir innerhalb der nächsten 6 Tage keine Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Jenbach zu dieser Tour für dich finden.
Neujahreswanderung
Wer meine Tourenberichte schon einige Zeit lang liest, weiß vielleicht schon um meine traditionellen Neujahreswanderungen, die ich immer am zweiten oder dritten Tag des Jahres alleine mache. Sie stehen unter dem Motto: Ins neue Jahr hineinwandern. Ich mag es mir Zeit zu nehmen, um über das vergangene Jahr nachzudenken, abends in der Hütte an meinem Jahreskompass zu schreiben und ein Gefühl für das bevorstehende neue Jahr zu bekommen. Und das alles am besten irgendwo „draußen“, mit einem Blick in die Ferne, am Berg, in der Natur.
Letztes Jahr fiel meine Wahl für die Neujahrswanderung auf die Kampalpe, vor zwei Jahren auf eine Überschreitung der Forsteralm. Dieses Jahr zieht es mich wieder ins Ybbstal, mit dem ich so manche Kindheitserinnerungen verbinde. Die Bedingung dieses Mal: Erreichbar von Wien aus ohne ewig früh aufzustehen, eine Rundwanderung mit Start und Ende in Göstling an der Ybbs. Maximal 5 Stunden Gehzeit, den Tag möchte ich nämlich im Ybbstaler Solebad Göstling ausklingen lassen. (Mit der Niederösterreich-Card für 4 Stunden gratis!)
Zwei Gipfel und ein Solebad
Ich zeichne mir eine etwas wilde Tour in der App Alpenverein aktiv, nenne sie „Zwei Gipfel und dann ins Solebad“ und ziehe am 2.Jänner – shame on me, ohne ordentliche Wanderkarte in Printform! – los. Westbahn bis Amstetten, Regionalzug bis ins äußerst putzige Waidhofen an der Ybbs und dann geht’s mit dem Bus (Linie 640 Richtung Lunz am See) bis Göstling. Schon nach wenigen Haltestellen bin ich die einzige Person im Bus. Die Strecke ist eigentlich auch vom Bus aus richtig schön (von der Ybbstalbahn aus war sie natürlich noch schöner. Früher. Seufz!). Ich bin aber zu müde und nutze die Zeit um Schlaf nachzuholen.
TIPP: In Göstling gibt’s nicht nur nette Unterkünfte (Gasthöfe und Privatzimmer), sondern auch einen Selbstbedienungsladen namens hannah, in dem ich allerlei Spezialitäten aus der Region eingekauft habe. Täglich geöffnet von 7 bis 21 Uhr, nur Bankomatzahlung.
In Göstling suche ich mir zuerst flott ein Zimmer für die Nacht, dann geht’s auch schon los.
Auf den Sonnwendkogel
Der Weg führt mich gleich über die Ybbs und am Solebad vorbei in nördliche Richtung. Ich überquere die Ybbstal-Straße und finde kurz darauf den ersten Wegweiser. Mein kleiner Gipfel für heute soll der Sonnwendkogel (906 Meter) sein.
Auf diesen führt der Waldweg auch sogleich hinauf, knackiger Anstieg und ziemlich direkt den Berg (Hügel?) hinauf. Hier merk ich die Weihnachtskekse und die wochenlange Wanderpause schon. Aber ich lasse mir Zeit und die Bewegung tut gleichzeitig auch richtig gut!
Zwei Mal quere ich eine Forststraße, einmal komme ich wegen eines wunderschön gelegten Mosaiks richtig ins Staunen. Menschen begegne ich nicht und am Gipfel angekommen schaffen es sogar ein paar Sonnenstrahlen zu mir. „Sonnwendkogel“ – der Name ist also Programm. Schön. Die letzten Höhenmeter zum Gipfel gehe ich auf der Forststraße und mittlerweile auch im (alten) Schnee. Ich esse bei der Bank meinen Porridge, blicke runter nach Göstling und freue mich schon richtig aufs Solebad.
„Guten Rutsch!“ wortwörtlich
Der einzige Wanderer, den ich treffe, hätte mich eigentlich schon zum Zweifeln bringen müssen: Als er mich beim Weitergehen abbiegen sieht, meint er noch „Für den Abstieg ist es besser, du gehst geradeaus … aber na, geht es so auch. Egal.“ EGAL war es definitiv nicht, aber das wusste ich in diesem Moment nicht. Ich trabe fröhlich weiter, finde meinen Weg am Kamm entlang richtig schön und lege eine 2024 aus Holzstücken in den Schnee.
Mein Plan ist eigentlich, einen Pfad für den Abstieg zu wählen und dann noch einen weiteren kleinen Gipfel auf der anderen Seite der Ybbs zu besteigen, bevor es dann wirklich in die Therme geht. Tja, „eigentlich“ ist bekanntlich ein großes Wort. Kurz gesagt: Ich finde den Pfad einfach nicht. Ich habe auch keine ordentliche Karte auf Papier mit. Schließlich stehe ich genau dort, wo der Pfad laut GPS sein muss, bin stur und beginne einfach mit dem Abstieg. Nur – es ist sehr steil und durch eine dicke Schicht halb vermodertes und nasses Laub ungeheuer rutschig. Nach den ersten Metern verlässt mich fast der Mut und es packt ein größerer Zweifel nach mir. Doch ich beruhige mich damit, dass ich noch mehrere Stunden bis Sonnenuntergang habe und das Gelände immer wieder durch Bäume und Kanten durchbrochen. So wirklich ganz weit rutschen kann ich also nicht. Well, es wird tatsächlich eine einzige Rutschpartie, im Gehen hätte ich den Hang sonst nicht bezwungen. Auf halbem Weg nach unten frage ich mich, wer genau mir dieses Jahr „Guten Rutsch!“ gewünscht hat und bin mir sicher, dass ich das SO wortwörtlich zum ersten Mal umsetze. Letztendlich rettet mich ein Seil (das ich zuerst für eine seltsame Liane halte), an dem ich mich minutenlang sehr angestrengt den Hang hinunterhantle. Verirrt hatte ich mich offenbar nicht, Menschen sind also auch schon vor mir hier hinuntergerutscht.
Deshalb hier der Warnhinweis: Bei Nässe und im Winter würde ich diesen Pfad auf keinen Fall empfehlen – die Rutschgefahr ist einfach zu groß und das Gefälle zu steil. Selbst wenn man sich hinsetzt wie ich und wirklich rutscht und das Seil findet, ist das nur bedingt zu empfehlen.
Im GPX-Track unten seht ihr also schon die definitiv bessere Variante, die diesen Abschnitt umgeht und dennoch auch wieder unten im Tal landet. Ich empfehle in jedem Fall beim Nachgehen diese Wegvariante! So, ich denke, das war klar genug. 😊
Die Angst vorm Thermenverbot
Im Tal unten angelangt bin ich auf jeden Fall voller Schlamm, Blätter und doch ein wenig verzagt. Und, was noch viel dringender ist: Ich frage mich, ob das Solebad Menschen, die so aussehen wie ich gerade, Einlass gewährt. Dass ich doch auch eine Jeans eingepackt habe, beruhigt mich in diesem Moment sehr.
Kleine Wiedergutmachung am Ybbssteinbach
Die Motivation für den zweiten Gipfel ist mir während der Rutschpartie abhandengekommen, außerdem ist es viel später als gedacht und das Solebad zieht mich magisch an. Ich überquere also wieder die Bundesstraße und gehe ein kurzes Stück am Ybbstalradweg (ein tolles Sommerprogramm mit unzähligen Bademöglichkeiten!) bis Ybbssteinbach. Dort sieht es so schön aus, dass ich mich spontan dafür entscheide, den zweiten Gipfel bleiben zu lassen, aber noch ein Stück am Ybbssteinbach entlang zu gehen. Diese Entscheidung erweist sich als richtig!
Am westlichen Bachufer spaziere ich entlang, finde unzählige richtig schöne Badeplätze und kurz vor Hagenbach überquere ich den Ybbsteinbach bei der nächsten Möglichkeit und wandere am östlichen Ufer zur Bundesstraße zurück.
TIPP: Der Uferweg am Ybbsteinbach ist ein Themenweg „Die Kraft des Wassers“ und bietet mit einigen Infotafeln wirklich interessante Infos zum Ort und dem Bach! Der Weg führt weiter durch die Nothklamm bis auf den Tremmel – ich bin ihn nur bis Hagenbach gegangen.
Von der Bundesstraße aus geht es in einer Viertelstunde circa auf dem Ybbstalradweg und dann durch den Ort nach Göstling zurück. Mit frischen Jeans und im Schnee gesäuberten Wanderschuhen tauche ich dann spätnachmittags im Solebad auf und genieße einen wirklich schönen Tagesausklang im Bad und in der Sauna. Sehr zu empfehlen! (Wer keine Zeit für eine Nacht in Göstling hat, kann natürlich mit Bus und Zug auch wieder die Heimreise antreten.)
Fazit
Ich bin und bleibe ein großer Mostviertel- und Ybbstal-Fan, nicht nur wegen meiner Kindheitserinnerungen. Es gibt unzählige Touren, auch kürzere als die oben beschriebene. Die Rutschpartie würde ich nächstes Mal definitiv auslassen und dafür vielleicht den zweiten Gipfel auch besteigen. So war es eine abenteuerliche, aber auch feine Halbtageswanderung mit perfektem Ausklang. Aber bitte: Wünscht mir nie wieder „Guten Rutsch!“, zumindest nicht kurz vor einer Wanderung.