Von der schneelosen Forsteralm ins Ybbstal

Von Gaflenz über die Forsteralm und die Amstettner Hütte nach Opponitz. Schöne Überschreitung in den idyllischen Ybbstaler Alpen.

„Ins neue Jahr hineinwandern“, das war mein Ziel für diese Tour am zweiten Tag des Jahres. Ich bin mittlerweile Stammleserin der Bahn zum Berg – Wanderungen geworden, meine „Wanderliste“ wird länger und länger. Inspiriert von Martins und Veronikas Tour in die Gaflenzer Hausberge ist meine erste Wanderung 2022 entstanden.

Da ich Anfang des neuen Jahres noch in Oberösterreich war und von dort aus wandern wollte, habe ich doch recht lange getüftelt: Von Steyr aus wollte ich starten, aber am frühen Abend in Wien sein, auf jeden Fall auf einen Berg hinauf – im besten Fall eine Überschreitung – musste es schon sein, so auf 1000 m, um den Nebel zu entfliehen und bitte auch eine gute Öffi-Verbindung für einen Sonntag. Soweit meine Wunschliste.

Die Idee der Gaflenzer Hausberge hat mir gut gefallen, nach Gaflenz kommt man sowohl von Steyr als auch von Wien aus recht gut. Da lag als Berg die Forsteralm, das Skigebiet meiner Kindheit recht nahe.

Verschlafenes Gaflenz mit verärgerten Enten

Ich starte um 08.46 von Steyr und bin mit einem Umstieg in Kastenreith um 10.17 in Gaflenz. Wanderer*innen, die von Wien starten, müssen ein bisschen früher aufstehen: Ab 07.55 mit dem Railjet bis Amstetten, um 09.42 ist man dann in Gaflenz. Alle späteren Verbindungen sind für einen Sonntag und einen Wintertag zu spät. Auch von Linz geht es etwas früher los, zum Beispiel um 08:31.

Netter Zufall – im Zug treffe ich bekannte Gesichter in der bunten, sympathischen Wandergruppe von Planet Reisen, einem Steyrer Verein, dem „Reiseclub für Grün-Bewegte“, dessen Reiseprogramm sehr verlockend klingt. Sie wollen mich kurz abwerben, mit ihnen von Großraming nach Weyer zu gehen. Auch schön, aber ich bleibe bei meinem Forsteralm-Projekt.

Steyr ist wie so oft in dichten Nebel getaucht, in Gaflenz begrüßt mich schon strahlender Sonnenschein. Keine Menschenseele ist zu sehen, der Ort liegt verschlafen da, nur einige Enten sind über mein Erscheinen not amused. Nach dem Überqueren der Bahngleise findet sich recht schnell der erste Wegweiser zur Amstettner Hütte, 2h Gehzeit.

Die Sonne kämpft sich bereits durch. Foto Sarah Pallauf
Die Sonne kämpft sich bereits durch. Foto Sarah Pallauf

Richtung Forsteralm

Ich gehe die Straße Richtung Südosten aus dem Ort hinaus, zu meiner Rechten der Gasthof Stubauer, vor dem ich den einzigen Menschen entdecke. Ins neue Jahr hineinwandern tun die Gaflenzer*innen offenbar nicht so gern, ich begegne bis zur Amstettner Hütte kaum jemanden.

Der Klinglbach, dessen Name fast noch zu Weihnachten passt, begleitet mich und der Weg geht sehr gut beschrieben durch den Ortsteil Wieden in Richtung Berg. Als ich die Straße verlasse und ins dunkle Bürgertal einbiege, kann ich meine Sonnenbrille auch wieder abnehmen. Ich werde sie erst oben am Berg wieder brauchen.

Am Klinglbach entlang durch Wieden (nein, wir sind noch nicht in Wien!) Foto Sarah Pallauf
Am Klinglbach entlang durch Wieden (nein, wir sind noch nicht in Wien!) Foto Sarah Pallauf

Die nächsten knapp 500 Höhenmeter gehen recht direttissima auf die Forsteralm hinauf (rund um den Größtenberg herum) – lückenlos beschildert ohne Verwirrungsmomente, aber auch ohne Sonne.

Am Knochenbrecherhang

Ich frage mich die ganze Zeit, wann und ob ich noch Schnee sehe und ob ich das Skigebiet Forsteralm irgendwie wiedererkennen werde. „Oben“ angekommen wird es richtig schön, mit Blick auf einen schneebedeckten Gipfel – leider sehr weit weg und wie so oft habe ich keine Ahnung, wie er heißt. Die Temperaturen scheinen zu steigen, man fühlt sich fast wie Anfang Mai. Mit Sonnenbrille am 2.Jänner am Berg zu stehen, das hat schon was.

Auf der Forsteralm: Endlich kann ich sie wieder tragen: Meine Sonnenbrille! Foto Sarah Pallauf
Auf der Forsteralm: Endlich kann ich sie wieder tragen: Meine Sonnenbrille! Foto Sarah Pallauf

Durch einige Freiflächen (Wiesen) und Wälder geht es recht bald wieder bergab, endlich an Skiliften vorbei, an die ich mich nicht mehr erinnern kann. Der Schnee hat sich zu kleinen, traurigen Flecken zurückgezogen. Wie lange es solche Skigebiete (auf gerade mal 1000m Seehöhe – am höchsten Punkt!) wohl überhaupt noch geben wird?

Nach dem Schlepplift und der Hirschkogel-Hütte erkenne ich sie endlich wieder: Die gefürchtete Skipiste, die einzige schwarze Piste der Forsteralm, die mich als Kind jahrelang in Angst und Schrecken versetzt hat – und die ich doch immer wieder runtergefahren bin. War es nicht auch hier, wo meine Schwester einmal die Ski abgeschnallt und aus Angst vor dem steilen Hang zu Fuß ins Tal gegangen ist?

Ein Schild zeigt schon zur Amstettner Hütte, die – Update vom 2.1.2022 – mittlerweile geöffnet ist. Ich bin ganz erstaunt, dass ich von Gaflenz nur 1h40min gebraucht habe. Ein gutes Zeichen fürs neue Jahr?

Die Amstettner Hütte – schneller als gedacht zum Greifen nahe. Foto Sarah Pallauf
Die Amstettner Hütte – schneller als gedacht zum Greifen nahe. Foto Sarah Pallauf

Ein sehr hilfsbereiter Wanderer entdeckt mich, als ich unschlüssig vor den Schildern stehe, und gibt mir allerlei Tourentipps. Den Wetterkogel legt er mir besonders ans Herz (dazu gibt es auf Bahn zum Berg bereits einen Tourenvorschlag: „Über die grünen Gipfel von Gaflenz“), das hieße aber für mich auf zwei Gipfel rauf und wieder runter, und wieder nach Gaflenz oder Oberland zurück. Das erscheint selbst dem Empfehlenden zu lange, es ist schließlich schon halb eins. Außerdem widerstrebt es mir immer, beim Wandern nach mehreren Stunden zu einer Haltestelle zu gelangen, zu der der Zug gerade mal 5min gebraucht hätte. Nein, ich will auf der anderen Seite runter, also ins Ybbstal.

Abstieg ins Ybbstal und ein vegetarisches Schwein

Die Wahl fällt auf Opponitz – da gibt es zwar leider die schöne Bahnlinie (Ybbstalbahn) nicht mehr, dafür aber eine ganz passable Busverbindung auch an Sonntagen, im 2-Stunden-Takt. Von der Amstettner Hütte sind es laut Angabe dort 2h30min. Der Weg führt durch den Wald gemächlich, stellenweise auch etwas steiler nach unten, auch hier wieder ganz vorbildlich markiert. Bravo, Alpenverein Sektion Amstetten! ☺ Unterwegs gäbe es noch viele andere Tourmöglichkeiten, da gibt dieses Gebiet offenbar richtig viel her. 

Am Hochseeberg (nicht Hochschneeberg!) sehe ich eine Vielzahl an Wegweisern – nach Opponitz, weiter nach Waidhofen/Ybbs, aber auch zur „ÖBB-Haltestelle Seeburg“ (*Lieber Alpenverein Sektion Amstetten, diese Haltestelle gibt es seit der Auflassung der Ybbstalbahn nicht mehr! Allerdings: Immer noch der schönste Badeplatz an der Ybbs, sagt mein Papa.)*, nach Hollenstein und so weiter.

Am Hochseeberg. Foto Sarah Pallauf
Am Hochseeberg. Foto Sarah Plallauf

Letztlich bin ich viel flotter als gedacht, trotz gemütlicher Pause mit vegetarischem Neujahrsschwein und Porridge. Dass ich den Bus irgendwann von oben von Opponitz abfahren sehe und 10 min nach seiner Abfahrt am „Busbahnhof“ (ein großes Wort für eine kleine Haltestelle!) bin, ist dann doch ein bisschen ungerecht. Knapp zwei Stunden in Opponitz zu warten, das klingt dann doch ziemlich lang.

Prosit Neujahr! Foto Sarah Pallauf
Prosit Neujahr! Foto Sarah Pallauf

Hoch über der Ybbs ist es fein…

Ich befrage meine Wanderkarte, überquere intuitiv die Ybbs (sehr schön!) und schlage nach der Brücke den ersten Gehweg links ein, der am Wasser entlang flussabwärts führt. Meine Idee ist es, dort nach Mirenau (zur nächsten Bushaltestelle) zu gehen, ob der Weg durchgehend vorhanden ist, weiß aber weder meine (doch sehr alte) Wanderkarte noch Google Maps.

Ganz viel Wasser gibt es in Opponitz. Foto Sarah Pallauf
Ganz viel Wasser gibt es in Opponitz. Foto Sarah Pallauf

Es braucht also nicht viel, um mich von meinem Plan abzubringen. Der erste Wegweiser verspricht mir eine „Aussichtskanzel“ und führt steil nach oben. Das klingt auf jeden Fall spannender, als mit der Geräuschkulisse der Bundesstraße auf der anderen Flussseite weiter zu gehen. Ich finde auf meiner Karte eine feine Runde mit Aussicht, über mehrere Gehöfte im Ortsteil „Graben“ – die soll es sein. Der Weg geht bis zur Aussichtskanzel sehr steil bergauf, oben hatte man früher (wohl als die Bäume noch niedriger waren) einen guten Blick auf die Ybbs und die Bahnlinie. Letztere ist ja heute zumindest auf diesem Streckenabschnitt der Ybbstalradweg – so wurde aus der Ybbstalbahn nach deren Auflassung noch eine feine Sache. Übrigens (wenn nicht grad Winter ist) ist dieser sehr gut erschlossen mit Rad-Taxi und Rad-Tramper, alle Details findet man auf der Webseite des Ybbstalradweges

Planänderung. Foto Sarah Pallauf
Planänderung. Foto Sarah Pallauf

Die Aussichtskanzel ist tatsächlich spannend, weil dort offenbar damals Kontrolleure (wohl eher selten: *innen?) saßen und den Bau der Bahnlinie überwachten. Mein Weg führt auf einer Landstraße mit viel Aussicht weiter über die Gehöfte Graben, Oberrehau und Rehau (Titelbild) und dann wieder hinunter nach Mirenau. Viele der Höfe sind bio-zertifiziert, einige sind auch Partnerbetriebe von „Urlaub am Bauernhof“. Ziemlich schön sind sie alle.

Infos zur Aussichtskanzel über der Ybbs. Foto Sarah Pallauf
Infos zur Aussichtskanzel über der Ybbs. Foto Sarah Pallauf
Fels-Baum-Impression auf der Aussichtskanzel. Foto Sarah Pallauf
Fels-Baum-Impression auf der Aussichtskanzel. Foto Sarah Pallauf

In Mirenau angekommen muss man noch einmal die Ybbs überqueren und ein Stück zurück (flussaufwärts) gehen, um nach wenigen Minuten die Haltestelle mit dem wenig romantischen Namen „Mirenau Bundesstraße“ zu erreichen. Dort gibt es sonntags Verbindungen um .04, ich nehme den Bus um 16.04, steige in Waidhofen/Ybbs um und erreiche kurz vor 18 Uhr den Wiener Westbahnhof.

Busstation und Kraftwerk. Foto Sarah Pallauf
Busstation und Kraftwerk. Foto Sarah Pallauf

Tourdaten

Die Route in Zahlen:   6:30 Std Wandern   800 HM   900 HM   17 km   GPX Track

Fazit

Eine sehr schöne Tour in die Gaflenzer Hausberge, mit einer guten Öffi-Verbindungen auch an einem Sonntag. Ich war mit meiner Wahl und vor allem auch mit dem letzten zeitbedingten „Schlenker“ nach Mirenau sehr zufrieden. Klar beschilderte Wege, Erinnerungen an Skiausflüge meiner Kindheit, viel Sonne am Berg – ein hoffnungsvoller Start ins neue Jahr 2022.

Abschiedsfoto mit den besonders neugierigen Hühnern von Rehau. Foto Sarah Pallauf
Abschiedsfoto mit den besonders neugierigen Hühnern von Rehau. Foto Sarah Pallauf

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