Die Hohe Kugel als Silvesterüberschreitung

Titelbild Hohe Kugel. Foto: Didi Trummer.

Wir schreiben (noch) das Jahr 2021 – Angelika und ich sind in meiner alten Heimat Vorarlberg zu Besuch. Nach mehreren Tagen Regen und Nebel strahlt uns am Silvestervormittag endlich die Sonne aus einem klaren blauen Winterhimmel an.

Also nehmen wir uns eine nicht zu lange Tour mit schöner Aussicht vor: die Hohe Kugel wird es, welche mit ihren 1.645 Metern Höhe oberhalb von Götzis und Hohenems das gesamte Vorarlberger Rheintal überblickt. Wir möchten eine Überschreitung machen und nutzen dafür das hervorragende Busnetz der Region, wobei die Bahn als Zubringer gesehen werden kann. Dazu werden wir von Millrütte aufsteigen und nach Fraxern absteigen.

Bus-Haltestelle bei Götzis: Im Hintergrund der Kapf, hinter dem sich in einer Senke Millrütte verbirgt. Foto: Didi Trummer.
Bus-Haltestelle bei Götzis: Im Hintergrund der Kapf, hinter dem sich in einer Senke Millrütte verbirgt. Foto: Didi Trummer.

Ein dichtes Netz an Stadtbussen, Ortsbussen und Landbussen bedient fast jeden Winkel Vorarlbergs mit einem ausgezeichneten Takt. Da diese Dichte durch eine Vielzahl von Linien erreicht wird, muss man sich darauf einzustellen, mehrmals umzusteigen, sollte man eine entlegenere Ecke anvisieren. Unserer Erfahrung nach ist der Takt aber außergewöhnlich gut abgestimmt, die Umstiegszeiten sind kurz und die Busse pünktlich.

So finden wir uns letztendlich im Ortsbus am Kumma mit der Linienbezeichnung 1 wieder, der uns zum Götzner Berg Oberer Parkplatz bringt. Dort steigen wir um 10:29 Uhr in den schon wartenden Ortsbus Nummer 6 ein. Diese heute als „Kleinbus“ geführte Linie ist bei dem prachtvollen Wetter voll besetzt, und sie bringt uns in abenteuerlicher Fahrt binnen einer Viertelstunde die Meschacher Straße hinauf bis zur Endstation Millrütte, von wo der Bus im Stundentakt zurück ins Tal und wieder herauf pendelt.

Fahrt mit dem Bus Nummer 6 nach Millrütte: Blick aus dem Heckfenster zurück ins Rheintal. Foto: Didi Trummer.
Fahrt mit dem Bus Nummer 6 nach Millrütte: Blick aus dem Heckfenster zurück ins Rheintal. Foto: Didi Trummer.

Die ersten 700 Höhenmeter haben wir so in einer halben Stunde geschafft. Es ist 10:45 Uhr, wir sind auf 1.100 Metern Höhe, und die Sonne und der warme Wind fressen die letzten Reste der spätherbstlichen Schneefälle von vor vier Wochen auf.

Aufstieg über den Kugelwaldweg

Wir wählen den „klassischen“ Kugelwaldweg als Aufstiegsroute: Es geht zunächst am Götzner Naturfreundehaus vorbei in den Wald hinein und mäßig bergan. Hier im nordwestlich ausgerichteten mittelsteilen Gelände liegen noch einige Schneereste, welche sich aber auf Grund der anhaltenden milden Temperaturen „verflüssigen“ und für eine Geräuschkulisse wie im Frühjahr zur Schneeschmelze sorgen.

Eine ganze Burg aus
Eine ganze Burg aus „Stoamännle“ am Kugelwaldweg. Foto: Didi Trummer.

Wie bei diesem Wetter zu erwarten sind wir nicht alleine unterwegs. Wir werden von ein paar Kleingruppen überholt – uns eilt es nicht, und wir wandern gemütlich entlang eines Quellenarmes des Emsbaches bergauf. Auf halber Strecke erreicht der Weg nun den Fuß einer Felswand, welcher wir nach rechts schwenkend entlang wandern. Am Ende dieser Felswand ist die „Schlüsselstelle“ des Aufstiegs: Eine bei dieser Schneelage nicht angenehm zu gehende rutschige Geländekante. Ich bin diese Stelle auch schon bei bedeutend mehr Schnee gegangen – da stellt sie kein Problem dar.

Am Ende dieser Kante ist noch eine kurze seilversicherte Stelle, und schon sind wir auf der sonnenbeschienen Wiese der Kugel-Kuppe. Nun sehen wir das erste Mal auch ins Tal hinunter: der Weitblick ist unglaublich! Der Bodensee im Nordwesten ist klar zu erkennen und zieht sich bis weit nach Deutschland hinein. Im Westen und Süden sind die Schweizer Berge zum Greifen nahe.

Aus dem Wald heraußen öffnet sich der Blick zurück übers Rheintal. Foto: Didi Trummer.
Aus dem Wald heraußen öffnet sich der Blick zurück übers Rheintal. Foto: Didi Trummer.

Die letzte halbe Stunde gehen beziehungsweise stolpern wir die Kuppe hinauf. Der hier heroben doch liegengebliebene Schnee ist so aufgefirnt, dass er nur bei den verdichteten Trittspuren unserer Vorgänger stabil ist, und auch dort nicht immer: Öfters brechen wir ein oder rutschen wir ab und versinken bis übers Knie im Schneematsch.

Im oberen Viertel der Kuppe apert der Schnee dann komplett auf, und die Kugelspitze ist sogar schneefrei. Der Rundumblick hält, was wir uns erhofft haben. Das 60 Kilometer entfernte Konstanz am anderen Ende des Bodensees ist eindeutig zu erkennen, der Säntis thront über dem Schweizer Rheintal, die Drei Schwestern bei Liechtenstein und der Rätikon im Süden sind als klare Horizontlinie gegen die tief stehende Wintersonne zu erkennen, und im Osten blicken wir in den angezuckerten Bregenzer Wald.

Der Blick vom Gipfel der Hohen Kugel zurück zum Ausgang der Tour: Das Haus auf dem Vorsprung im Schneefeld ist das Gasthaus Millrütte, wo uns der Bus hingebracht hat. Foto: Didi Trummer.
Der Blick vom Gipfel der Hohen Kugel zurück zum Ausgang der Tour: Das Haus auf dem Vorsprung im Schneefeld ist das Gasthaus Millrütte, wo uns der Bus hingebracht hat. Foto: Didi Trummer.
Blick über Dornbirn und Bregenz zur Ostspitze des Bodensees und tief ins Allgäu hinein. Foto: Didi Trummer.
Blick über Dornbirn und Bregenz zur Ostspitze des Bodensees und tief ins Allgäu hinein. Foto: Didi Trummer.

Wir haben gemütlich zweieinhalb Stunden herauf gebraucht, dieselbe Strecke ist bei sportlicherer Geschwindigkeit sicher in weniger als zwei Stunden schaffbar, auch bei diesen Schneeverhältnissen.

Wir sind natürlich nicht alleine am Gipfel: von allen Seiten erreichen immer wieder kleine Wandergruppen die Hohe Kugel. Viele haben Sektflaschen mit! Wir haben nicht an das klassische Silvestergetränk als Gipfeljause gedacht und begnügen uns mit Nüssen und Mineralwasser.

Abstieg übers Maiensäß und Heimfahrt

Nach einer halben Stunde Gipfelpause in der Sonne machen wir uns an den Abstieg. Wir folgen dem Grat nach Süden und zweigen nach wenigen Metern rechts in den westlich abfallenden Hang dem Schild „Fraxern über Maiensäß“ folgend ab. Hier scheint der Schnee etwas fester zu sein, stellenweise durch die vielen Wanderer sogar glasig und rutschig gestampft. Deshalb entschließen wir uns die mitgebrachten Snow-Spikes anzulegen – eine generelle Empfehlung meinerseits bei Winterwanderungen!

Abstieg Richtung Süden: Im Hintergrund der Rätikon. Foto: Didi Trummer.
Abstieg Richtung Süden: Im Hintergrund der Rätikon. Foto: Didi Trummer.

Nach einer Stunde erreichen wir die Alpe Maiensäß, welche zu unserer freudigen Überraschung geöffnet hat und Getränke ausschenkt. Nach der obligatorischen 2-G Corona-Kontrolle bekommen wir Radler, Most und Salzbrezeln. Die Hütte wird in der Winter- und Frühjahrssaison an Wochenenden und Feiertagen vom Schiverein Fraxern bewirtschaftet.

Wir genießen eine halbe Stunde lang die Sonne und unsere Getränke, dann brechen wir wieder auf, da wir nämlich den nächsten Bus schaffen wollen. So geht es zügigen Schrittes talwärts nach Fraxern.

Aussichtspunkt mit Kreuz knapp über dem Frax'ner Sportplatz: links neben dem Kreuz Feldkirch und dahinter Liechtenstein mit den Drei Schwestern. Foto: Didi Trummer.
Aussichtspunkt mit Kreuz knapp über dem Frax’ner Sportplatz: links neben dem Kreuz Feldkirch und dahinter Liechtenstein mit den Drei Schwestern. Foto: Didi Trummer.

Wir kommen beim Frax‘ner Sportplatz an, müssen aber noch durch den Höhegraben auf dem Höheweg absteigen, um zur Busstation Fraxern Oberdorf zu kommen: exakt fünf Minuten bevor uns der Landbus Nummer 62 um 16:18 Uhr abholt. Der Bus fährt im Stunden- oder je nach Tageszeit auch Halbstundentakt und kommt bis Weiler oder Klaus Bahnhof. Wir steigen in Weiler Dorfmitte aus, um pünktlich drei Minuten später in den Landbus 60 umzusteigen, der uns nach Götzis bringt.

An der Bushaltestelle in Fraxern ist natürlich Parken verboten! – wenn auch etwas angefahren. Foto: Didi Trummer.
An der Bushaltestelle in Fraxern ist natürlich Parken verboten! – wenn auch etwas angefahren. Foto: Didi Trummer.

Fazit

Für diese Überschreitung haben wir dank eines gemütlichen Aufstieges und zweier langer Pausen fast fünfeinhalb Stunden gebraucht. Für sportlichere Geher oder dieselbe Route im Sommer würde ich inklusive einer Pause ca. vier Stunden ansetzen.

Sehr positiv angetan waren wir vom effizienten Bus-Liniennetz. Da wir nicht mit der Bahn sondern mit einer weiteren Buslinie aus Altach anreisten, haben wir an diesem Tag sechs Busfahrten absolviert. Und alle Ein- und Umstiege klappten unproblematisch und reibungsfrei. Einzig die Anzahl der Möglichkeiten und der je nach Jahreszeit, Wochentag und Tageszeit angepasste Takt und Route jeder Linie machen es notwendig, die An- und Rückfahrten zu planen – z.B. mit Hilfe von Bahn zum Berg aber natürlich auch mit dem Routenplaner von VMOBIL.

Tourdaten

Die Route in Zahlen:   4:30 Std Wandern   600 HM   800 HM   7 km   GPX Track

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