Gleich zu Beginn ein Reim |
besserer Titel fällt mir keiner ein |
als „Auf den Sonnwendstein“.
Im Ernst, ich bemühe mich immer um nette Beitragstitel für die tolle „Bahn zum Berg“-Webseite, dieses Mal hat mich meine Inspiration im Stich gelassen. Ich hoffe, diese Tour findet trotzdem Leser*innen. Es zahlt sich aus, versprochen.
Idee für diese Tour war das schöne Winterwetter (eigentlich noch sehr herbstlich) und ein freier Samstag – und der Wunsch, auf einem Gipfel zu stehen. Ein lieber Freund möchte es außerdem nach einer Sportverletzung wieder wagen, wandern zu gehen. Die Acht-Stunden-Tour, die mir zuerst vorgeschwebt ist, schlage ich mir aus dem Kopf (dafür sind Wintertage einfach zu kurz). Der Semmering ist immer ein verlässlicher Partner, da er so gut zu erreichen ist und eine 4-Stunden-Tour (das Maximum für den frisch genesenen Freund) ist dort leicht zu finden.
Leider konnten wir innerhalb der nächsten 6 Tage keine Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Steyr zu dieser Tour für dich finden.
Mein Mann, mein Freund und ich hüpfen also in den Railjet um 9.05 ab Meidling und sind um 10.13 in Semmering, da es die Verbindung stündlich gibt, kann man aber natürlich auch früher starten. Offenbar sind wir nicht die einzigen mit der Wanderidee am Semmering, der Railjet ist bummvoll mit Rucksäcken, Thermoflaschen und motivierten Wanderer*innen. Wir lernen gleich nette Wanderer*innen kennen, die sich den Bahnwanderweg vorgenommen haben – auch eine feine Idee (für den Bahnwanderweg gibt’s schon ausführliche Beschreibungen auf „Bahn zum Berg“, hier der steirische Teil von Mürzzuschlag nach Semmering und hier der niederösterreichische, von Semmering nach Payerbach-Reichenau). Kurz schwanken wir, ob wir uns ihnen nicht anschließen sollen, aber dann überwiegt die Lust, auf einem Gipfel zu stehen. Mit dem Versprechen, ihnen vom Sonnwendstein in Richtung 20-Schilling-Blick hin hinunter zu winken, trennen wir uns am Bahnhof Semmering.
Hoch auf den Berg
Bis zur Talstation Zauberberg Semmering und dem Semmeringpass sind wir noch eine ganz schön große Gruppe, die es alle in dieselbe Richtung treibt. Dann aber teilen sich alle Wanderer*innen in verschiedene Himmelsrichtungen, Wege gibt es ab hier ja genug. Wir gehen an der Talstation rechts vorbei und nehmen die Forststraße, auf der schon der Hirschenkogel (unser erstes Ziel) und die Liechtensteinhütte angeschrieben steht. In langen Kehren windet sich die Straße den Berg hinauf, die Steigung ist dadurch nicht schlimm und auch der Knöchel unseres Freundes beklagt sich (noch) nicht. Ein paar Mal queren wir die Skiabfahrt und die Mountainbike- bzw. Rollerstrecke. Vor einigen Jahren sind wir hier mit den „Monsterrollern“ vom Hirschenkogel ins Tal gedüst und kurz vor Corona gab es ein legendäres Rodelabenteuer am Semmering, das mit vielen blauen Flecken endete, aber unendlich lustig war. Ich mag den Semmering in all seinen Facetten.
Spielplatzbekanntschaften am Hirschenkogel
Nach einer guten Stunde (oder waren es eineinhalb?) stehen wir vorm geschlossenen Liechtensteinhaus am Hirschenkogel (1.341 Meter) und ein paar Minuten später vor der Aussichtswarte, leider wegen Renovierungsarbeiten auch geschlossen.
Der Spielplatz unterhalb der Warte sieht ziemlich nett aus, zwei Männer versuchen sich gerade am Balancierpfad. Für Kinder ist das sicher ein schöner Programmpunkt in einer Pause. Wir werden sie an diesem Wandertag noch weitere drei Mal sehen. ☺
Unser Weg geht weiter, direkt hinter der Warte als kleiner Pfad, bergab in den Wald hinein. Weils dort so wunderschön ist, legen wir eine Pause ein. Die Sonne wärmt noch richtig gut, obwohl es eigentlich schon Winter sein sollte.
Als wir auf die Weggabelung mit der Forststraße kommen, nehmen wir den „Kammweg“ (geradeaus – also in Verlängerung des Waldpfades, auf dem wir gekommen sind). Achtung – schon nach wenigen hundert Metern geht es in einer Zick-Zack-Kehre kurz steil nach oben auf den eigentlichen Kamm. Diese Abzweigung kann man leicht übersehen, es gibt leider kein Schild, aber einen auf den Felsen gesprayten Hinweis. Der Kammweg führt uns bergauf am Erzkogel vorbei – wo wir die besagten Spielplatzbekanntschaften wieder treffen. Sie verweisen uns auf den Abstecher zum Gipfelkreuz des Erzkogels (1.504 Meter), soo wichtig ist uns ein Eintrag ins Gipfelbuch dann auch wieder nicht. Wir lassen also den Erzkogel im wahrsten Sinne des Wortes links liegen und steuern unser eigentliches Ziel, den Sonnwendstein mit der Pollereshütte an.
Gipfelbestimmung mit Aha-Erlebnis
Die Pollereshütte ist leider geschlossen, der Wegweiser verspricht mickrige 5 Minuten zum Gipfel, das nehmen wir auf uns und stehen tatsächlich wenige Minuten später am Sonnwendstein mit einer tollen Umgebungskarte, die die Berggipfel benennt. Sehr praktisch, wenn Fernpunktbestimmung nicht die eigene Stärke ist!
Lange Zeit studieren wir die Umgebung und die Karte, unser Freund entdeckt den Klettersteig, den er im Sommer quasi „gegenüber“ auf die Rax gegangen ist. Wir finden den 20-Schilling-Blick und winken brav hinunter, ich habe außerdem ein kleines, aber sehr freudvolles Aha-Erlebnis, weil ich endlich verstehe, wie das Höllental, der Bahnwanderweg und das Semmering-Gebiet zusammenhängen.
Irgendwann haben wir die Wanderkarte genug studiert und die Kälte macht sich bemerkbar und treibt uns zurück zur Pollereshütte. Wo wir ein weiteres Mal die Männer vom Spielplatz treffen und sie schon fast wie alte Freunde begrüßen. Bei guter Schneelage sei die Pollereshütte auch im Winter für Tourengeher*innen geöffnet, berichten sie. Einer der beiden erinnert sich an Zeiten, als es noch einen Schlepplift hier herauf gab.
Auf dem Almsteig ins Tal
Um ins Tal zu kommen, wählen wir den Almsteig und schlagen ihn bei der ersten Weggabelung nach der Pollereshütte talwärts ein (gleich rechts, direkt an einer kleinen Almhütte muss man einbiegen). Ich kenne den Almsteig nur aus der anderen Richtung (von Semmering über den Almsteig auf den Sonnwendstein hinauf) und habe ihn im Aufstieg recht mühsam und langwierig in Erinnerung. Im Abstieg gefällt er mir deutlich besser – ein wirklich schöner Weg, der sich in vielen Kehren und Kurven durch den Wald nach unten windet.
Es ist eher das letzte Stück, teils auf einer Forststraße, teils auf einem breiten Waldweg, zurück zur Talstation vom Zauberberg, dass sich ein bisschen „zaht“. Der Knöchel unserer Wanderkollegen meldet sich immer lautstarker zu Wort und findet die Tour eindeutig lang genug. Insofern sind wir froh, als wir den Bahnhof Semmering erreichen. Die Züge fahren immer um .47 retour nach Wien, Schnellwanderer*innen ohne Knöchelprobleme und Sonnenpausen werden wohl jenen um 15.47 schaffen, wir sind gemächlicher unterwegs und nehmen den Railjet um 16.47.
Fazit
Der Semmering ist wirklich immer zu empfehlen und diese Tour ist aufgrund des schönen Gipfelblicks eine schöne Wanderung für einen kurzen Wintertag. Sehr gut erreichbar, vielfältige Wandermöglichkeiten ab Semmering und sowohl Kammweg, also auch den Almsteig hinunter sind sehr ansprechende Wege. Bis bald, Semmering!