Schneefall am Vorabend und eine klare Nacht lassen vielversprechende Bedingungen erhoffen. Wir nutzen also den ersten Tag der Osterferien und machen uns auf den Weg zu einem Gipfel, den ich schon länger im Kopf hatte: den Olperer. Die Meisten besteigen ihn vom Skigebiet Hintertuxer Gletscher (man kann bis zum Grat mit dem Lift fahren), wir nehmen uns die weitaus schönere, aber auch sehr viel längere Variante durch das Wildlahnertal vor.
Mit der ersten Verbindung des Tages erreicht man das Bergsteigerdorf Schmirn um 6:40 Uhr (Abfahrt in Innsbruck um 5:49 Uhr), ein früher Start ist bei dieser Tour definitiv empfehlenswert!
Aufstieg
Die Bedingungen vor Ort erweisen sich als nahezu perfekt: Wir können bereits unmittelbar nach der Bushaltestelle die Ski anschnallen und in der Nacht hat es, wie erhofft, gefroren. Wir passieren den LVS-Checkpoint auf einer Brücke und gehen auf einer Forststraße zügig taleinwärts.
Morgendämmerung bei der Bushaltestelle; LVS-Checkpoint. Fotos: Simon Widy
Anfangs ist die Neuschneemenge noch recht gering, bei dem kleinen Plateau bei der Issel-Alm sind es dann bereits etwa 20 Zentimeter und da wir die ersten sind, liegt eine Menge Spurarbeit vor uns. Wir versuchen, den effizientesten Weg durch die auftretenden Steilstufen zu finden und gelangen in weiterer Folge zu einem Flachstück vor dem Olpererferner.
Einige Steilstufen gilt es zu überwinden, dann wird es wieder flacher. Fotos: Simon Widy
Hier machen wir auf einem der vielen Steine eine kurze Essenspause. Der Olpererferner wird im Winter in der Regel seilfrei begangen, dennoch muss man sich den Gefahren eines Gletschers bewusst sein. Außerdem sollte beachtet werden, dass das Gelände hier stellenweise steil ist (bis 35°). Die letzten Meter zur Wildlahnerscharte sind dann wieder flacher, man kann auch schon den Massentourismus, der einen dort erwartet, erahnen.
Nach 1800 Höhenmetern im (relativ) einsamen Gebirge erreicht man nun das absolute Gegenteil, das Skigebiet Hintertuxer Gletscher: Lifte, Pistengeräte und Skifahrer soweit das Auge reicht. Wir lassen uns von dem ganzen Trubel aber nicht stören und bereiten uns auf den finalen Gratanstieg zum Gipfel vor: wir errichten ein Skidepot und ziehen uns Klettergurt und Steigeisen an.
Olperer-Gipfelgrat
Mit Stellen bis UIAA II darf der Grat nicht unterschätzt werden! Den schwierigen Anfang kann man zwar im Winter relativ einfach im Schnee umgehen (eventuell sogar mit Ski), aber die Kombination aus Schnee und Fels hat es auch im zweiten Teil in sich. Wir sind froh, dass wir ein Seil mithaben und gehen einige Passagen am laufenden Seil. Es sind auch immer wieder Fixseile installiert und Stahltritte bieten sich zum Absichern an.
Am 3.476 Meter hohen Olperer-Gipfel erleben wir atemberaubende Fernblicke auf die Zillertaler, Tuxer und Stubaier Alpen und noch darüber hinaus.
Auch im Abstieg kommt das Seil zum Einsatz, zwischen Grat und Schneefeld seilen wir an einem Bohrhaken ab. Insgesamt haben wir für den Gipfelgrat (Auf- und Abstieg + Pause am Gipfel) etwa 2 Stunden benötigt, je nach Tempo und Absicherung kann es auch länger dauern.
Abfahrt
Die Abfahrt verläuft entlang der Aufstiegsroute, einige Varianten sind je nach Bedingungen möglich.
Aufgrund der tageszeitlichen Erwärmung im Frühjahr sollte man nicht zu spät abfahren. Wenn man bis zur Scharte zu lang braucht, sollte man auf Nummer sicher gehen, den Gipfel auslassen und gute Abfahrtsverhältnisse ausnutzen. Ein erfahrener Einheimischer, der uns (ohne Seil) am Gipfelanstieg eingeholt hat, hat treffend gesagt: „Das Wildlahnertal hoaßt nid umasinst Wildlahnertal!“.
Bei der Issel-Alm machen wir auf einem Bankerl Rast, genießen die Sonne und überbrücken mit Olpererblick die Wartezeit auf den nächsten Bus. 30 Minuten vor Bushalt fahren wir dann das letzte Stück auf der Forststraße ab und haben so auch noch genügend Zeit, aus den verschwitzten Skischuhen zu schlüpfen und die unten deponierten Laufschuhe anzuziehen.
Fazit
Lange, anspruchsvolle Frühjahrsskitour in den Zillertaler Alpen mit einem alpinen Grat als Finale. Das Wetter und die Verhältnisse sollten für eine erfolgreiche Durchführung passen und auch das Gehtempo sollte nicht zu langsam sein. Alternativ kann man die Tour auch mit Übernachtung im Winterraum der Geraerhütte in zwei Tagen machen.
Variante: 2-Tages-Tour mit Übernachtung im Winterhaus der Geraerhütte
Ist einem die Tour in einem Tag zu stressig oder anspruchsvoll, dann kann man auch im Winterraum der Geraerhütte nächtigen. Zusteigen kann man entweder von Schmirn (wie hier beschrieben, aber am Plateau vor dem Olpererferner rechts halten und etwa 250 Höhenmeter zur Hütte abfahren), oder durch das Valsertal (Aufstieg entlang vom Sommerweg, Bushaltestelle: „Vals in Tirol Joggler“). Bei beiden Hüttenzustiegen gilt es allerdings, auf Nassschneelawinen von den Hängen rundherum zu achten! Das Winterhaus der Geraerhütte ist gut ausgestattet und auch relativ geräumig (Schlafraum mit 10 Betten, Trocken-WC und Küche).
Zustieg durch das von Nassschneelawinen geprägte Valsertal; Sonnenuntergang auf der Geraerhütte; aufgenommen im Winter 22/23. Fotos: Simon Widy