Die Öffi-An- und Abreise legt Überschreitungen nahe, stellt aber auch die Frage: Wie viel Asphalt, oder alternativ: Wie viel weglose Passagen will ich in Kauf nehmen, da markierte Wege nicht immer bei Bus/Bahnstationen beginnen?
Bei dieser Tour habe ich mich für möglichst wenig Asphalt und daher einige „wilde“ Passagen entschieden. „Wilderer“ lieben verborgene Wege und spektakuläre Jagdsteige.
Achtung: Wer absolut schwindelfrei ist, darf sich diese Überschreitung zutrauen, für die anderen heißt es: STOPP!
Am Ende der Beschreibung skizziere ich eine Asphalt-Variante.
Nach der Fahrt durch das tief eingeschnittene Wiestal biegt der Kurs der Buslinie 450 beim der Häusergruppe Höhenwart ins Tal des Mirchtelbaches Richtung Gaißau ab. Der Bus passiert die Station „Adnet Sendlberg“. Jetzt drücke ich die Haltetaste. Bei „Gaißau in Salzburg Waldblick“, einer romantische Lichtung mit Haus und Blumenwiese, springe ich aus dem Bus.
Von Gaißau nach Hintersee
Es gilt, den Einstieg ins Abenteuer zu finden: etwa 100 Meter die Straße zurück, bis zur Brücke über den Mirchtelbach, nun auf die andere Straßenseite und schon beginnt ein schöner Steig ins Tal des Kernreiterbachs.
Dem aufmerksamen Wanderer entgeht nicht, wie aufwändig der Steig einst angelegt wurde: Das letzte Stück hinunter zum je vor die Augen tretenden wunderschönen Wasserfall (bis hierher kaum 10 Minuten)
war sogar mit einer richtigen Holztreppe – von der nur mehr die Seitenholme der Fäulnis widerstanden haben – ausgestattet. Wer möchte hier nicht – an heißen Sommertagen – dem Rücken eine Wassermassage gönnen?
Doch: Gibt es aus diesem Kessel ein Entkommen? Für den Wilderer schon, allerdings im weglosen „Zick-Zack“ (daher die detaillierte Beschreibung; im steilen Tobel ergibt der GPX-Track einen Knäuel): Man überquert an geeigneter Stelle den Bach (Achtung: nasse Steine sind überaus glitschig – ein Stock tut hier gute Dienste!), folgt dem Ufer, bis die seitlich hereindrängenden Felsen erneut eine Querung auf die andere Seite erzwingen, stapft am flachen Ufer talauswärts und – man hat schön Übung – balanciert erneut hinüber. Nun hält man sich am besten auf der Rippe eines tief ausgewaschenen Wasserlaufs. Steinmännchen und Steigspuren, die möglichst im Hochwald bleiben, um dem Gestrüpp zu entfliehen, mögen dem Wilderer den Weg weisen; eine Linksquerung oberhalb des Gestrüpps in den Hochwald hinüber, ein letztes Steilstück über die Böschung – die Asphaltstraße ist erreicht (circa ½ Stunde).
Für die nächste Etappe genügt eine kursorische Beschreibung: Nach der Häusergruppe Sendlberg führt ein Weglein am Wiesenrand entlang in den Wald. Bald erreicht man eine weitere schöne Wiese: Hier, beim abgebrannten Gehöft (der Brunnen vor dem Haus spendet noch Wasser!), sagen sich Fuchs und Hase: Gute Nacht!
Man folgt den Wirtschaftswegen zum „Flötz“ (eine Kulisse für nostalgische Heimatfilme; Brunnen)
und weiter auf den himmlisch-schönen, weiten Wörndlsattl.
Nun ist wieder der Wilderer gefragt: Auf flachen Kämmen darf er einen Steig erhoffen, aus Zeiten, da man von Alm zu Alm auf Schusters Rappen unterwegs war. Mal sehen… Und wirklich:
Man geht am Wiesenrand bergan: mitten unter dem Gewölbe des Buchendoms: ein deutlicher Steig (der allerdings nicht so deutlich bleiben wird…). Der Wilderer hält sich möglichst auf dem Rücken, lässt sich höchsten ein paar Meter in die Flanke abdrängen. Im gestrüppig-üppigem Jungwald wird es mühsam, dann wieder ein Wiesenstückchen im Hochwald. Nie ist es ausgesetzt oder gefährlich… Schließlich: ein Hochstand, zu dem eine Steigspur in Kehren von oben herab zieht … Nach 450 Höhenmetern ist eine ziemlich frische Forststraße (direkt unterhalb einer kleinen Jagdhütte) erreicht.
Wer möchte, kann sich nun als Wanderer den markierten Wegen zum Ochsenberg oder gleich zum Eibleck anvertrauen. Wer dem Wilderer-Spleen verfallen ist, geht die Forststraße nach links weiter bis zu ihrem Ende. Mit ein wenig Such-Übung findet man den Einstieg in einen guten Steig und erreicht über den Kamm
– vor den erstaunten Augen der auf der Gipfelbank Rastenden – das Kreuz des Ochsenbergs, dem ersten der drei Gipfel der Überschreitung. Bis hierher insgesamt circa 2-2 ½ Stunden.
Man befindet sich – bis zum Moser-Denkmal – mitten in einem beliebten Wanderer-Gebiet mit ausgetretenen Wegen. Weiter am schönen Grat zum Eibleck mit markantem Kreuz und Schnapslade.
Am Kamm mit prächtiger Aussicht zur Linken und zur Rechten geht es weiter
zum schwach ausgeprägten Kallersberg. Von hier kann man auf den Jagdsteig hinüberblicken, der den Wilderer erwartet…
Der Weg führt über das Moser-Denkmal (ein Zeuge trauriger Auswüchse der Wilderei) auf die Grünaualm. Geborgen eingebettet liegt die schön gezimmerte Hütte da (Trog mit Quelle).
Für den Wilderer allerdings geht es über die Almwiese hinüber zu einer versteckten Jagdhütte am Waldrand. Kaum 1 ½ Stunden auf den guten Wegen ab Ochsenberg.
Abermals gilt es, den Einstieg zu finden: an der Hütte vorbei, rechts des Zaunes entlang. Wo der Zaun nach rechts umbiegt, sucht man sich einen Durchschlupf und wagt sich – vielleicht gibt es ein Steinmännchen – Richtung Abgrund vor.
Was nun folgt, erfordert absolute Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und gute Nerven: Es beginnt ein gut sichtbarer Jagdsteig, der tatsächlich, durchgehend auf Felsbändern, die grimmig steile Westflanke des Wieserhörndl-Nordgrates zu durchqueren ermöglicht.
Jeder Schritt muss mit Bedacht gesetzt werden, ein Stock kann dem Gleichgewichtssinn die nötige Sicherheit vermitteln. Zwei Stellen sind sogar mit alten Kletterseilen (für nasse oder eisige Tage?) gesichert… Nach etwa einer halben Stunde äußerster Konzentration erreicht man den Grat und gelangt, nun auf der Ostseite des Kamms, in den Sattel zum Seeberghorn.
Der Wilderer meint, nun das Ärgste hinter sich zu haben… Nicht ganz! Er folgt den Steigspuren im Buchenlaub, die waagrecht unter dem Gipfel des Seeberghorns queren. Auch dieser Pfad war einst wohl gut ausgetreten. Das Gelände wird steiler, der Weg führt bergab. Wegen des langen Grases habe ich die Snowline-Grödel an die Schuhe geschnallt. Leider zerstören drei oder vier entwurzelte Bäume den Pfad und nötigen zu Kraxeleien. Das muss der Wilderer eben in Kauf nehmen…
Schließlich ist der flache Rücken erreicht – Entspannung stellt sich ein. Weglos aber bequem geht der Wanderer im tiefen Buchenlaub bergab. Von der rechten Seite ziehen Traktorspuren herauf. Ihnen folgend erreicht man eine verführerische Jagdhütte (mit Trog-Quelle, in der Bierflaschen eingekühlt sind).
Von hier schweift der Blick in den Grießbachkessel: Lawinen erschaffen in schneereichen Wintern im Talgrund bis in den Sommer hinein eine „Eiskapelle“, eine Art „Gletschertor“.
Der weitere Weg bedarf keiner Beschreibung. In etwa ½ Stunde erreicht man – an einer knusper-kneusschen Mühle vorbei, die Station „Hintersee Reitbauer“.
Es beginnt zu nieseln. Die großen Fichten ersetzten das Wartehäuschen.
Auf der Fahrt zur Umsteigstelle „Faistenau – Schule“ lasse ich die Etappen und Erlebnisse der Überschreitung Revue passieren… Ein Versprechen meine ich, geben zu können: Die Wilde(erer) Überquerung wird sich markant dem Vergessen widersetzen!
Asphalt Alternative
Sie verbindet die Stationen „Adnet Sendlberg“ – „Faistenau Vordersee“: Man folgt der Asphaltstraße, die am großen Steinbruch vorbei (auch eindrucksvoll, mal so etwas zu sehen), zur Häusergruppe Sendlberg führt (wohl 4 Kilometer). Weiterweg wie oben beschrieben. Von der Grünaualm wandert man den markierten Weg hinunter zu den schönen Wiesen beim Gehöft Ötzhäusl und über die Forstwege und die Asphaltstraße zur Station Faistenau Vordersee.
Tourdaten
Zeitbedarf: Die beschrieben Überschreitung in voller Länge für den Wilderer: ca. 7 Stunden Gehzeit (ohne Rastzeiten!) Die Asphalt-Variante für den Wanderer dürfte nicht viel kürzer sein.