Wettertechnisch ist es kein besonders schöner Sonntag, dieser 1. Mai 2022. Dennoch trocken genug, um ihn mit einer feinen Wanderung zu verschönern. Inspiriert wurde diese Tour durch meinen neu erstandenen Kompass-Wanderführer „Wanderlust Niederösterreich“, den ich sehr mag. (Kaufen könnte man diesen zum Beispiel in der großartigsten Wanderführer- und Kartenbuchhandlung Wiens: freytag & berndt im 1.Bezirk.). Außerdem wollte ich auf die Kritik meiner Freundin K. reagieren, die kürzlich maulte, dass ich „alle Wanderungen immer so akribisch planen würde“. Um dem etwas entgegenzusetzen, wollte ich in der Johannesbachklamm beginnen und dann schauen, wohin es mich weiter verschlägt.
Verbindungen mit Bahn und Bus von Wels
Wir empfehlen von Wels diese Verbindungen für die Hin- und Rückfahrten zur Tour:
Nach Neunkirchen kommt man recht easy von Wien aus. An einem Sonntag wie heute gibt’s die Busverbindung weiter nach Würflach, die ich brauche, alle zwei Stunden. Fahrzeit Wien bis Würflach zwischen einer Stunde und einer Stunde 40 Minuten, je nachdem, ob man bis Wiener Neustadt den Railjet nimmt oder gleich von Wien aus gemütlich, dafür langsamer mit dem REX anreist.
Ganz offensichtlich ist mein heutiges Ziel nicht gerade die beliebteste Wandergegend – ich stehe ziemlich verloren in Neunkirchen am Bahnhofsvorplatz und warte auf den Bus nach Würflach, der nicht und nicht kommen mag. Als ich schon fast nicht mehr daran glaube und meine Wanderkarte wegen eines Plan B zücken möchte, kommt er doch noch. Der Fahrer scheint etwas überrascht zu sein, dass da im beginnenden Nieselregen wirklich jemand mitfahren möchte.
Dafür ist er sehr hilfsbereit und sagt mir, wo ich am besten aussteigen soll: Würflach Gemeindeamt. Von dort ist die Johannesbachklamm sofort angeschrieben und nicht zu verfehlen. Ein paar wackere Menschen kommen mir zu Beginn der Klamm noch entgegen, mittlerweile ist es wirklich nass von oben und von unten. Dass in der Johannesbachklamm irgendwie immer der Regen naht, weiß ich schon aus den Beiträgen von Birgit und Martin auf Bahn zum Berg. Ich bin ja gut ausgerüstet!
Erster Pluspunkt: Einsam durch die Johannesbachklamm
Die Klamm ist sehr nett und fotogen, sicher auch für heiße Sommertage gut geeignet. Ich genieße langsam aber sicher die Ruhe, die man an heißen Tagen hier wohl nicht hat – und habe die Klamm für mich allein. Auch schön!
Gleich beim Eintreten in die Klamm lacht mich „Die Klammwirtin“ sehr an, allerdings ist es zum Einkehren doch noch etwas zu früh (geöffnet Donnerstag bis Sonntag, nur Barzahlung!). Ich bin ja gerade erst losgegangen.
Die Klamm ist ganz schön schnell durchquert, für das „Danach“ hab ich mir noch einen Fixpunkt vorgemerkt: Die Ruine Schrattenstein. Nach der Ruine wird’s – um es endlich meiner Freundin K. zu beweisen – spontan.
Zweiter Pluspunkt: Ruine Schrattenstein
Auch die Ruine ist sehr einfach zu finden: Durch die Klamm durch, den Kreuthweg (teilweise asphaltiert) und den Johannesbach weiter entlang bis zur Ortschaft Greith. Dort links, wieder sehr gut beschildert Richtung „Ruine Schrattenstein“. Da es bisher so gemütlich war, finde ich das recht steile Stück im Wald bis hoch zur Ruine ganz schön anstrengend. Vielleicht ist es aber auch diese magische Langsamkeit und Trägheit, die über diesem ersten Mai liegt. Der Aufstieg ist dafür nicht lang, ich habe – Überraschung! – auch die Ruine für mich allein und einen sehr feinen Ausblick zur Hohen Wand. Auf der Burgmauer sitzend jausne ich und bin schon recht zufrieden mit diesem Start in den Mai.
Achtung, es wird spontan!
Nach der Ruinenrast lasse ich mich von den Wegweisern inspirieren. (Liebe Freundin K., das tat ich nur für dich!) Johannesbachklamm Ausgang und Würflach fallen weg, weil zu nahe und zu fad. Puchberg am Schneeberg reizt mich, es wird dann aber doch das „Lärbaumkreuz“, mit der Idee, irgendwie eine Runde Richtung Ternitz hinzukriegen und dort den Zug zurück nach Wien zu nehmen. Der weitere Weg durch den Wald ist zunächst recht unspektakulär und nicht ganz so schön wie erhofft, aber ich bleibe guter Dinge. Ruine und Klamm haben ja heute schon gepunktet.
Zwischen Mittereck und Dürrenberg (muss man nicht kennen) hindurch schlängelt sich der Waldweg südwärts. Irgendwo mitten im Wald muss ich mich wieder entscheiden, wohin und ich verstehe hier, warum ich meine Touren doch recht genau vorplane. Weil ich spontanes Entscheiden beim Wandern offenbar nicht gut kann. Mindestens dreimal gehe ich nach vor und zurück, weil ich mich nicht entscheiden kann, wohin ich jetzt weitergehen soll. Dann entscheide ich mich doch für den Weg Richtung Ternitz, über „Flatz“. Obwohl: Wäre der andere Weg nicht doch schöner gewesen? Der Gedanke irritiert mich. Ich merke schon, K. und ich sind hier nicht auf einer Wellenlänge.
Trotz der irritierenden Spontaneität erreiche ich das Gebiet der Flatzer Wand und bin überrascht über die vielen Klettersteig-Ankündigungen. Das scheint hier sehr nett zu sein, wenn besseres Wetter wäre und ich die Ausrüstung dafür hätte. Auch das Neunkirchnerhaus von den Naturfreunden ist nicht weit.
Der Blasmusik und dann den Obstbäumen nach
Hoch über Flatz gelegen muss ich auch eigentlich nur mehr dem Klang der Blasmusikkapelle folgen, um ins Tal zu kommen, das ist am ersten Mai sehr einfach – funktioniert aber wohl nicht an allen Tagen. Der Weg ist aber überall sehr gut beschildert. Auch die Kühe sind sehr freundlich und überhaupt wird das Wetter schon viel besser. Das Durchhalten hat sich heute ausgezahlt.
In Flatz wähne ich mich schon fast im Ziel und in Ternitz, was nicht ganz stimmt. Um ehrlich zu sein bei dieser Routenbeschreibung – ich verpasse den Zugang zum Bahnhof, sehe nur ab und zu einen Railjet vorbeibrausen.
Als ich mich auf der Karte orientiere, habe ich keine Lust mehr zurückzugehen – außerdem bin ich in der Zwischenzeit auf einem äußerst netten, von blühenden Obstbäumen gesäumten Fußweg gelandet, der mich direkt nach Neunkirchen zu bringen scheint. Da kann ich ja auch gleich weitergehen.
Gesagt, getan. Das Wetter wird besser, ganz so einsam ist es auch nicht mehr und am Bahnhof Neunkirchen angelangt bin ich ganz zufrieden mit meiner halb-spontanen, halb-geplanten Maiwanderung in einer für mich immer noch sehr unbekannten Gegend. Die Zugverbindung von Neunkirchen zurück nach Wien ist denkbar einfach und von der Früh auch schon bekannt – gemütlich in 1 Stunde und 15 Minuten direkt bis Wien im REX (meine Wahl) oder etwas flotter (48 Minuten), dafür mit Umsteigen in Wiener Neustadt im REX und dann im Railjet. Die Züge fahren im Stundentakt.
Fazit
Die Johannesbachklamm und die Ruine Schrattenstein würde ich auf jeden Fall empfehlen, auch das Stück von Flatz bis Neunkirchen fand ich sehr schön. Den Teil dazwischen etwas weniger – vielleicht folge ich ja nächstes Mal einem der anderen Wegweiser?
In jedem Fall eine feine Runde, auch für Sonntage verbindungstechnisch sehr okay, da der Klassiker „mit dem Bus hin, zur Bahn zurück“ hier auch sehr gut funktioniert.
Tourdaten
Die Route in Zahlen: 4:30 Std Wandern 500 HM 550 HM 17 km GPX Track
Sarah hat ihre Leidenschaft zum Wandern in Jordanien entdeckt. Dort
lebte sie 2018, schloss sich einer Wandergruppe an und fand es großartig, auf diese Weise das Land und seine Menschen kennenzulernen. Zurück in Österreich gründete sie 2020 die Wandergruppe „dunya – Begegnung in Bewegung“. Die Idee dabei ist, mit „neuen und alten Wiener:innen“ wandern zu gehen und dabei Menschen zusammenzubringen, die sich sonst vielleicht nie kennengelernt hätten. Um die Gruppe noch besser begleiten zu können, hat Sarah die Ausbildung zur zertifizierten Wanderführerin absolviert.