Abwechslungsreiche Zweitagestour durch das obere Piestingtal

Myrafälle-Impression 2. Foto: Sarah Pallauf

Endlich wieder ist da ein freies Wochenende – für mich und meine Freundin E. eine schöne Gelegenheit, uns Zeit für eine Zweitageswanderung zu nehmen. Die Voraussetzungen: Wir können freitags erst gegen Mittag starten, es muss sich recht spontan noch eine Hütte für die Übernachtung finden, viel im Wald zu gehen wäre schön. Ich möchte unbedingt in eine Gegend, die ich noch nicht kenne. Und meine Freundin will nicht „Arges“, sondern sich mal gemütlich eingehen und in den Wandersommer starten.

Die Wandertipps der Niederösterreich-Webseite mag ich, weil sie schön aufbereitet und gut nachzugehen sind. Meine Wahl fällt auf die zweitägige Tour entlang des Wiener Alpenbogens durch das obere Piestingtal, mit Übernachtung im Schutzhaus Waxeneck. Dort gibt’s noch ein Doppelzimmer für uns, juhu, damit kann es losgehen.

Tag 1: Von Pernitz aufs Waxeneckhaus

Die Anreise von Wien Meidling ist angenehm einfach: Wir starten an diesem Freitag um 12.05 von Wien Meidling, steigen in Wiener Neustadt vom Railjet in den Regionalzug Richtung Gutenstein um und um 13.21 in Pernitz-Muggendorf aus. That’s it.

Der Railjet ist bummvoll, ich ergattere noch ein kleines Plätzchen neben einem netten, älteren Herrn aus Ternitz. Wir kommen ins Gespräch – was bin ich stolz, dass ich Ortschaften, die er mir nennt, mittlerweile auf meiner inneren Landkarte gut verorten kann und sich beim Wandern in den letzten Jahren viele vormals weiße Flecken zu lebendigen Orientierungspunkten entwickelt haben. Ganz besonders dann, wenn sie an einer Bahnlinie liegen. #bahnzumbergliebe

Los geht’s! Foto: Sarah Pallauf
Los geht’s! Foto: Sarah Pallauf
Schild der Möglichkeiten am Bahnhof Pernitz-Muggendorf. Foto: Sarah Pallauf
Schild der Möglichkeiten am Bahnhof Pernitz-Muggendorf. Foto: Sarah Pallauf

Von Pernitz nach Muggendorf, gleich mal mit Orientierungsproblemen

In Pernitz gibt es zwei Möglichkeiten nach Muggendorf – gemütlich am Myrabach entlang oder am anderen Myrabachufer durch den Wald, über das Eichkreuz und von oben hinunter nach Muggendorf. Spannender finde ich zweitere, muss aber schnell gestehen, dass ich, wenn ich pausenlos redend mit einer Freundin unterwegs bin, orientierungstechnisch nicht so sicher bin wie sonst. Wir verlaufen uns also schon recht bald. E. fragt eine Gruppe von zehn Radler*innen im Wald, wo wir jetzt eigentlich sind. Ich finde in der Zwischenzeit einen Pfad runter ins Tal und wir schlagen ihn reumütig ein. Bald darauf befinden wir uns am schönen Myrabach, nehmen noch den Baumlehrpfad kurz vor dem Zentrum von Muggendorf mit und stehen kurz darauf beim Eingang der Myrafälle. Es wird nicht mein einziges Orientierungsproblem an diesen zwei Tagen sein…

Von uns benannter Schneeballstrauch in Pernitz. Foto: Sarah Pallauf
Von uns benannter Schneeballstrauch in Pernitz. Foto: Sarah Pallauf
Nanu – wo wandern die denn hin? Foto: Sarah Pallauf
Nanu – wo wandern die denn hin? Foto: Sarah Pallauf
Baumlehrpfad am Myrabach. Foto: Sarah Pallauf
Baumlehrpfad am Myrabach. Foto: Sarah Pallauf

Myrafälle – Jagasitz – Schutzhaus Waxeneck

Viel von den Myrafällen gehört bin ich nun tatsächlich zum ersten Mal hier und ein bisschen überfordert ob der stark ausgebauten Infrastruktur. Parkplatz und Toiletten überraschen mich ja nicht so, aber die 5 Euro Eintritt (4 Euro für Alpenvereinsmitglieder) und das Drehkreuz beim Eingang finde ich schon ein bisschen arg. Besonders viel los ist dafür nicht. Wir durchschreiten die Myrafälle also recht flott und erreichen den Stauweiher am oberen Ende.

Wenn ich die Tour nochmals gehen würde, würde ich einen Schlenker über den Hausstein mit dem Schneebergblick einplanen. Ab dem Stauweiher ist unser Weg wieder gut markiert und problemlos zu finden – nächster Orientierungspunkt ist das Gasthaus Jagasitz, bei dem wir auch unsere späte Mittagspause einlegen. Nach einer Stärkung geht es weiter, ganz einsam und ganz schön. Schöne Waldwege, Hohlwege, Blumenwiesen, vorbei an freundlichen Kuhherden.

Kühe. Foto: Sarah Pallauf
Kühe. Foto: Sarah Pallauf

Wegen des doch längeren Umwegs zu Beginn unserer Tour sind wir am frühen Abend doch froh, das Waxeneckhaus zu erreichen. Dort lassen wir den Abend bei einem himmlischen Suppentopf und danach bei großartigem Panorama im Liegestuhl auf der Wiese ausklingen. Was für ein Tag – wir sind ganz beglückt!

Abend wird’s am Waxeneck… Foto: Sarah Pallauf
Abend wird’s am Waxeneck… Foto: Sarah Pallauf

Tag 2: Vom Waxeneckhaus nach Wopfing

An dieser Stelle muss das Waxeneckhaus wirklich sehr gelobt werden: Das Essen ist fantastisch, das Frühstück so groß, dass es noch für eine Vormittagsjause reicht, die Bedienung herzlich, die Waschräume sauber. Wärmste Empfehlung! Auch den Übernachtungspreis von 20 Euro pro Mensch im Doppelzimmer finde ich schwer in Ordnung. Fürs Frühstück kommen circa 10 Euro dazu – die sind sehr gut angelegt.

Schirche Forstraßen: Hätte man ja nicht nehmen müssen…

Und da meine Freundin und ich mit unseren Gesprächsthemen noch lange nicht am Ende sind, passiert uns auch an Tag 2, ziemlich bald nach dem Losgehen, ein weiterer Orientierungsfehler. Unser Weg 231 ist eigentlich gut angeschrieben und ich kann mir bis heute nicht ganz erklären, wie wir ihn verloren haben und dies leider, ohne es zu merken.

Traurige Erinnerung an den letzten Wolf Niederösterreichs. Foto: Sarah Pallauf
Traurige Erinnerung an den letzten Wolf Niederösterreichs. Foto: Sarah Pallauf

Wir gehen lange eine ziemlich schirche Forststraße in vielen Kehren bergab und mein Gefühl versucht mich zu alarmieren: „Auf der Karte ging es aber nicht bergab. Da stimmt was nicht!“ Ziemlich viel später erinnere ich mich auch wieder an die Worte der Trainerin bei der Wanderführer*innenausbildung, die damals gesagt hat: „Versucht euch nicht einzureden, dass es schon passen wird. Versucht euch nicht die Landschaft der Karte anzupassen – wenn es nicht zusammenstimmt, dann stimmt es einfach nicht.“ Erst sehr spät gestehe ich mir ein, dass es eigentlich überhaupt nicht mehr stimmen kann und wir viel zu weit ins Tal abgestiegen sind. Zu diesem Zeitpunkt sind wir schon fast in Quarb. (Auf dem GPX erspare ich euch diesen nicht besonders schönen Umweg, Nachgehen lohnt sich nicht wirklich!)

Dafür: Schöne Tierbegegnungen!

Nach dem Eingestehen folgt die Strafe für unsere Unaufmerksamkeit – wir plagen uns in der Hitze eine gute Stunde lang die Forststraße wieder bergauf (die in der Zwischenzeit nicht schöner geworden ist). Denselben Weg wieder zurückgehen zu müssen, gehört für mich eindeutig zu den frustrierendsten Wandermomenten. Dass ich es diesmal in so feiner Gesellschaft machen darf, entschädigt mich allerdings.

Kurze Meditation vor der nächsten Forststraßenetappe. Foto: Sarah Pallauf
Kurze Meditation vor der nächsten Forststraßenetappe. Foto: Sarah Pallauf

Was uns außerdem entschädigt (außer dem Dauersatz „So weit kann es ja jetzt nicht mehr sein, maximal eine Kehre noch!“) sind die vielen tierischen Begegnungen, die wir haben. Während meine Freundin alle Weinbergschnecken entdeckt, bin ich auf die Blindschleichen spezialisiert. Das Reh, das kaum zwei Meter neben dem Weg sitzt (!) und uns ungläubig mit seinen dunklen Augen anstarrt, entdecken wir beide. Wunderschön!

Blindschleichenbegegnung. Foto: Sarah Pallauf
Blindschleichenbegegnung. Foto: Sarah Pallauf

Große Schnecke, kleines Blatt. Kleine Schnecke, großes Blatt. Foto: Sarah Pallauf
Große Schnecke, kleines Blatt. Kleine Schnecke, großes Blatt. Foto: Sarah Pallauf

Zugegeben, es dauert ganz schön lang, bis wir unseren Ursprungsweg wieder gefunden haben – die Hohe Mandling umrunden wir dabei gefühlte fünf Mal. (Danke, liebe Wanderkarte, dass du irgendwann dieses E-Werk im Wald ausgewiesen hast – wie froh ich war, in diesem entscheidenden Moment doch ein bisschen Kartenlesen zu können!) Als wir endlich den richtigen Wegweiser finden und sicher sind zu wissen, wo wir uns befinden, brauchen wir beide eine Pause und ein bisschen extra Motivation. Was da am besten hilft: Reden. Das können wir ja gut, und lassen uns nicht entmutigen.

Endlich wieder am Weg! Foto: Sarah Pallauf
Endlich wieder am Weg! Foto: Sarah Pallauf
Pause nach langer Wegsucherei. Foto: Sarah Pallauf
Pause nach langer Wegsucherei. Foto: Sarah Pallauf

Endlich wieder am rechten Pfad: Wanderweg 231

Sobald wir den 231er wiedergefunden haben und damit auch den Wanderweg „WAB“ (Wiener Alpenbögen), gibt es orientierungstechnisch keine großen Schwierigkeiten mehr. Ich presse jetzt aber auch meinen Finger pausenlos auf die Karte. So eine Schmach will ich nicht nochmals erleben – zumindest heute nicht mehr.

Die Tour bleibt wunderschön abwechslungsreich und genauso einsam wie am ersten Tag.

#endlichwiederam231er Foto: Sarah Pallauf
#endlichwiederam231er Foto: Sarah Pallauf

Was wir auch unterschätzt haben: Es gibt am Tag 2 keine einzige Möglichkeit, Wasser aufzufüllen! Keine Quelle, kein Bach, kein gar nichts.

Tipp: Am Waxeneckhaus alle verfügbaren Wasserflaschen auffüllen!
(Das hatten wir eh gemacht, aber tatsächlich zu wenige Flaschen mit.)

Kompromiss zum Schluss: Wopfing statt Markt Piesting

Was uns bei dieser Tour auch entgegenkommt, ist die Möglichkeit, den zweiten Tag etwas abzukürzen und nicht mehr bis nach Markt Piesting weiterzugehen. Sehr gut angeschrieben begegnen wir im Wald einer ersten Möglichkeit, nach Waldegg abzusteigen. Ich tue mir immer schwer mit dem Abkürzen von Touren und kann E. noch zum Weitergehen überreden. Bis nach Markt Piesting findet sie es aber einfach zu lange, ich hatte ihr ja auch nichts „Arges“ versprochen. Wir finden einen schönen Kompromiss und schlagen bei der nächsten Möglichkeit einen wieder sehr hübschen Pfad im Wald nach Wopfing ein.

Abzweigung nach Wopfing. Foto: Sarah Pallauf
Abzweigung nach Wopfing. Foto: Sarah Pallauf

Es geht bergab. Kurz vorm Zentrum Wopfing machen wir unsere letzte Pause, im Ort gibt’s endlich auch Trinkwasser und wieder Begegnungen – mit einem sehr unfreundlichen Hund und einer sehr freundlichen Dame am Bahnsteig. Ihre Maske wurde vom Wind verweht und meine Freundin schenkt ihr eine neue. Witzig, wie man in Pandemiezeiten ins Gespräch kommt. 🙂

Im Stundentakt geht es samstags um .57 mit dem Regionalzug nach Wiener Neustadt, von dort mit dem Railjet nach Wien. In achtundfünfzig Minuten sind wir von Wopfing in Wien Meidling, das ist doch eine tolle Verbindung.

Abendzug nach Hause. Foto: Sarah Pallauf
Abendzug nach Hause. Foto: Sarah Pallauf

Fazit

Den Titel der Niederösterreich-Webseite „Zwei Tage durchs Piestingtal“ mit dem Foto der Myrafälle finde ich gerade in Anbetracht des zweiten wasserlosen Tages ein bisschen irreführend. Ich hatte mir auf den ersten Blick eine Wanderung entlang der Piesting und am Wasser vorgestellt, das ist diese Tour nicht wirklich (außer am ersten Tag der Abschnitt bei den Myrafällen).

Trotzdem würde ich diese Wanderung auf jeden Fall empfehlen – super geeignet als Zweitagestour, mit rekordverdächtig kurzen Fahrzeiten, super Verbindungen, und sie geht sich locker aus, auch wenn man am Freitag erst mittags startet. Zudem war der Weg wirklich abwechslungsreich und landschaftlich schön, die Übernachtung im Schutzhaus Waxeneck ausgesprochen angenehm und die Strecke am zweiten Tag ist problemlos abkürzbar. Meine Freundin und ich waren sehr zufrieden mit unserer Wahl, wissen aber jetzt auch, dass man in entscheidenden Momenten ein bisschen weniger reden und öfters doch auf Markierungen und Karte schauen sollte. 🙂

Tourdaten

Die Route in Zahlen:   2 Tage Wandern   1.200 HM   1.200 HM   29 km   GPX Track

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert