Tirol, Zahmer Kaiser

Aufstieg zur Naunspitze

Ich habe Lust auf eine Wanderung in einer Gegend, in die ich nicht so oft komme und die dadurch etwas Besonderes für mich ist. Also stelle ich die Frage in unserer Autoren-WhatsApp Gruppe, ob jemand Lust hat am Sonntag nach Tirol zu fahren. Mehrere Autorinnen und Autoren hätten Interesse. Peter und Mathias sagen schließlich fix zu.

Damit sich unsere Anreisezeit etwas verkürzt, bitten wir Mathias, dass er uns entgegenfährt. Wir einigen uns auf Kufstein, um auf den Zahmen Kaiser zu gehen. Mathias fährt 34 Minuten bis Kufstein, Peter und ich 3:30 Stunden.

Peter und ich treffen uns beschutzmaskiert und leicht schlaftrunken um halb sechs Uhr Früh am Bahnsteig des Bahnhofs Meidling. Unser Zug fährt ein, wir steigen zu, wählen jeweils einen Zweiersitz um Abstand zu halten und schlafen zu können. Um 5:37 fährt unser Zug ab.

Wochenendtipp: Mir ist natürlich klar, dass nicht jeder für eine Tagestour nach Tirol fährt. Bei einem Wochenende finde ich persönlich die Fahrtzeit von 3,5 Stunden (speziell in Relation zu Entfernung) aber schon ganz in Ordnung: Samstag in der Früh hinaus, Wanderung, Übernachtung auf einer Hütte, Wanderung, Rückfahrt Sonntag Nachmittag.

Peter schläft fast sofort ein, während ich mir ein Hörbuch anhöre. Da ich auch immer wieder einschlafe, verstehe ich die Zusammenhänge nicht und muss öfters zurückspulen.

Nach 8:00 wachen wir beide langsam auf, frühstücken und richten unsere Sachen zusammen, um kurz nach 9:00 in Kufstein auszusteigen.

Mathias ist schon da – wir sehen uns jetzt das erste Mal persönlich!

Wir steigen in den Regionalbus 4030 ein und fahren 7 Haltestellen bis „Ebbs Schanz“. Zwei Haltestelle davor ist „Ebbs Kaisertal“, von der wir am Nachmittag zurückfahren werden.

Aufstieg Zahmer Kaiser

Die Haltestelle „Ebbs Schanz“ ist kurz vor dem Wirthaus „Zur Schanz“. Daran gehen wir vorbei, halten uns rechts an der Straße, die hier einen Bogen nach Schanz hinein macht und zweigen dann scharf nach rechts zum Wald hin ab. Vorbei an einem Bauhof gehen wir die Schotterstaße leicht bergauf und kommen schließlich zum ersten Wegweiser.

Unser erstes Zwischenziel ist die Ritzaualm, die ab hier mit 2 Stunden Gehzeit angeschrieben ist. Es ist jetzt gleich 10:00 Uhr – das würde also bedeuten, dass wir um 12:00 Uhr auf der Ritzaualm ankommen werden.

Der Zahme Kaiser hat von unten ganz schön steil ausgesehen. Ist er auch, stelle ich jetzt fest. Es geht durch den Wald in Serpentinen bergauf – gefühlt deutlich steiler, als es auf den Fotos aussieht.

Peter ist weit vor mir, und ich konzentriere mich darauf, Luft zu bekommen und meine eigene Geschwindigkeit zu gehen, damit ich nicht gleich das Zeitliche segne. Mathias scheint sich dementsprechende Sorgen zu machen, packt seine Wanderstöcke aus und borgt sie mir. Damit geht es wirklich leichter – meine Geschwindigkeit erhöht das aber nicht, die Überlebenswahrscheinlichkeit steigt immerhin.

Mein Selbstbewusstsein leidet, als eine attraktive Tirolerin im steilen Gelände an mir vorbeizischt. 😉

Leiter am Weg von Ebbs herauf. Foto: Martin Heppner
Leiter am Weg von Ebbs herauf. Foto: Martin Heppner
Kurz vor der Ritzaualm. Foto: Martin Heppner
Kurz vor der Ritzaualm. Foto: Martin Heppner

Objektiv betrachtet brauche ich mir aber gar keine Sorgen um mein Selbstbewusstsein zu machen: Für die 680 Höhenmeter brauchen wir 1:20 Stunden, sind also mit 500 Höhenmetern pro Stunde unterwegs. Wir haben die angeschriebenen 2 Stunden also um 40 Minuten unterschritten. Was die Leistung der attraktiven Tirolerin übrigens noch größer macht!

Die Ritzaualm ist richtig idyllisch! Eine Almwiese übersät mit alpiner Flora, einem grandiosen Ausblick auf den Wilden Kaiser – sehr, sehr schön!

Naunspitze & Petersköpfl

Auf der Ritzaualm halten wir uns aber jetzt nicht auf, sondern schwenken nach Osten, um zur Vorderkaiserfeldenhütte aufzusteigen.

Von der Ritzaualm ist unser erstes Gipfelziel, die Naunspitze (1.633m), schon zu sehen.

Naunspitze. Foto: Martin Heppner
Naunspitze. Foto: Martin Heppner

Bis zur Vorderkaiserfeldenhütte brauchen wir nicht ganz 2 Stunden. Hier diskutieren wir kurz, ob wir einkehren oder weitergehen sollen. Wir entscheiden uns, eine Einkehr erst beim Abstieg durchzuführen, weil wir uns mit vollen Bäuchen einen Gipfelsturm nicht zutrauen / antun wollen.

Wir gehen an der Hütte links vorbei, weil der Weg dahinter verläuft.

Nach einer kurzen weiteren Waldpassage wird es steiniger. Das letzte Stück auf den Gipfel der Naunspitze ist teilweise plattig / felsig.

Aufstieg Naunspitze. Foto: Martin Heppner
Aufstieg Naunspitze. Foto: Martin Heppner

Von der Ritzaualm bis auf den Gipfel der Naunspitze gehen wir exakt eine Stunde.

Hier heroben sind so viele Leute, dass ich ganz irritiert bin. Corona hat meine Maßstäbe verändert! Die Leute wollen alle den schönen Ausblick ins Inntal hinunter genießen!

Panorama Inntaul von Naunspitze aus. Foto: Martin Heppner
Panorama Inntaul von Naunspitze aus. Foto: Martin Heppner

Mathias überrascht mich dann auch noch, indem er einen kleinen Gaskocher auspackt, eine Espressomaschine befüllt und sich Kaffee kocht.

Von der Naunspitze sehen wir bereits unser nächstes Gipfelziel: Das Petersköpfl (1.745m).

Das bedeutet, dass wir nach der Stärkung auf der Naunspitze wieder den Aufstiegsweg kurz absteigen müssen, um dann durch Latschengassen hinüber und hinauf zu wandern.

Blidck auf das Petersköpf von Naunspitze aus. Foto: Martin Heppner
Blidck auf das Petersköpf von Naunspitze aus. Foto: Martin Heppner

Für die Strecke von der Naunspitze auf das Petersköpfl brauchen wir 40 Minuten.

Am Petersköpfl ist es jetzt kurz nach 13:00. Mathias und Peter diskutieren, was wir als nächstes machen sollen. Ich passe ehrlich gesagt nicht auf, weil ich es super entspannend finde, dass ich mir einmal nicht Gedanken machen muss, wohin wir gehen, wie lange wir noch gehen und was die Alternativen wären.

Anscheinend gibt es zwei Varianten und die beiden fragen mich, für welche Möglichkeit ich bin.

  • Entweder gehen wir direkt vom Petersköpfl nach Südosten zur Hinterkaiserfeldenalm und dann nach vor zur Vorderkaiserfeldenalm und Ritzaualm, um dort zu essen
  • oder wir machen einen großen Bogen – nehmen den Einserkogel noch mit – um dann zur Hinterkaiserfeldenalm zu gehen. Variante 2 veranschlagen die beiden mit mindestens einer zusätzlichen Stunde Gehzeit.

Ich stimme dafür den Einserkogel noch mitzunehmen. Ich will möglichst viel Berg für meine sieben Stunden Zugfahrt bekommen!

Einserkogel

Also brechen wir Richtung Einserkogel auf. Es ist – am Bild unten – der im Schatten liegende, bewaldete Berg. Dementsprechend sind wir für die nächste Stunde zwischen Latschen unterwegs. Manchmal eröffnet sich ein Blick ins Inntal, manchmal auf die Pyramidenspitze, oder den Wilden Kaiser.

Der Weg ist nicht zu verfehlen, weil es fast laufend in einer Latschengasse dahin geht. Zwischendrinnen sind einmal ein paar Felsen und wir queren zwei flache Schneefelder.

Unter der Einserspitze würde der Weg eigentlich vorbeiführen. Hier muss man aufpassen, weil die Steigspuren vom Weg weg auf den Gipfel hinauf, nicht deutlich zu erkennen sind.

Für die Strecke Petersköpfl – Einserkogel (1.924m) brauchen wir genau die veranschlagte Stunde.

Objektiv betrachtet ist der Einserkogel kein eindrucksvoller Gipfel. Er ist voller Latschen, ein kleines Gipfelkreuz steht darauf und davor ein Steinmann mit dem Gipfelbuch in einem Schraubglas.

Abstieg Zahmer Kaiser

Nach dem Einserkogel gehen wir noch ein Stück weiter Richtung Pyramidenspitze (1.997m).

Beim „Vogelbad“ zweigen wir nach rechts ab, statt geradeaus Richtung Pyramidenspitze weiter zu gehen. Das nächste Panoramabild zeigt uns kurz vor der Abzweigung, an der wieder gelbe Richtungsweiser stehen. Die Stelle kann daher auch nicht übersehen werden.

Panorama Kaisergebirge. Foto: Martin Heppner
Panorama Kaisergebirge. Foto: Martin Heppner

Ab der Abzweigung beim Vogelbad ändert sich unsere Richtung auf Südwesten.

Zuerst sehen wir eindrucksvolle Felswände von oben, dann gehen wir direkt daran vorbei. So nahe, dass Wassertropfen von oben auf uns herabfallen. Dieses Kar nennt sich Vordere Steingrube. Am Ende liegt die Hinterkaiserfeldenalm mit einer Halterhütte, bei der es einen Brunnen gibt.

Danach führt der Weg 836, ganz leicht fallend, zur Vorderkaiserfeldenhütte zurück.

Die Strecke Einserkogel – Vorderkaiserfeldenhütte legen wir in etwas weniger als 2 Stunden zurück.

Einkehrmöglichkeiten

Wären wir schon am Petersköpfl abgestiegen, wären wir mindestens eine Stunde früher in der Vorderkaiserfeldenhütte angekommen. Dann hätten wir uns auf jeden Fall etwas Gutes zu Essen gegönnt.

Jetzt stellen wir eine grobe Rechnung auf: Es ist jetzt nach 16:15. Unser Zug fährt um 18:53 in Kufstein ab. Der nächste erst zwei Stunden später und morgen ist ein Arbeitstag. Wir wissen nicht genau, ob wir einen Bus zum Bahnhof erwischen, oder ob wir zu Fuß gehen müssen. Daher beschließen wir, erst in Kufstein einzukehren, weil wir dadurch das Risiko minimieren, den Zug zu verpassen. Also gehen wir – willensstark wie wir sind – sowohl an der Vorderkaiserfeldenhütte als auch an den Hütten auf der Ritzaualm vorbei, ohne einzukehren.

Abstieg ins Tal

Ab der Ritzaualm, bis fast an das Ende des Kaisertals, begleitet uns ein phantastischer Ausblick auf den Wilden Kaiser. Viele, viele andere Wanderer und Spaziergänger genießen den auch.

Mathias startet vor, um sich Zeit zu „erarbeiten“ und noch einmal Kaffee zu kochen, bevor wir nachkommen. Peter und ich nutzen die Gelegenheit, um eine Kleinigkeit zu essen und etwas zu trinken.

Nach dem letzten Abstieg über die Stufen kommen wir zu einer Wegkreuzung. Wir gehen scharf nach links, noch ein paar Stufen hinunter, und sind auf der Sparchner Straße, bzw. am Kaisertal-Parkplatz. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich die Bushaltestelle „Ebbs Kaisertal“. Von hier fährt jede halbe Stunde ein Bus zum Bahnhof Kufstein.

Wir haben Glück: Unser Bus kommt in 10 Minuten! Zu Fuß hätten wir noch eine halbe Stunde Fußmarsch vor uns gehabt – mit dem Bus fahren wir nur wenige Minuten ins Zentrum.

Von der Vorderkaiserfeldenhütte bis zur Bushaltestelle Ebbs Kaisertal haben wir 1:40h gebraucht.

Nachdem wir die gemeinsame Wanderung mit einem Gruppenfoto begonnen haben, schließen wir den Tag auch mit einem ab.

In Kufstein steigen wir eine Haltestelle vor dem Bahnhof aus und gehen an der Innpromenade entlang, um uns eine Pizza aus der Pizzeria „Il Castello“ zu holen. Während unsere Pizzen zum Mitnehmen zubereitet werden, sitzen wir im Gastgarten und füllen unseren Flüssigkeitshaushalt auf.

Am Bahnhof machen wir um 18:46 noch ein Abschlußgruppenfoto mit Pizza, bevor Peter und ich um 18:53 Richtung Wien und Mathias um 19:09 Richtung Innsbruck einsteigen.

Ein sensationeller Tag!

Tourdaten

Die Route in Zahlen:   2 Tage Wandern   1.500 HM   1.500 HM   17 km   GPX Track

Fazit

Wir haben diese Tour ja in der Post-Corona-Zeit unternommen. Da haben die Hütten noch gar nicht für Übernachtungsgäste geöffnet.

Auch wenn wir die Wanderung als Tagestour gemacht haben – empfehlen würde ich eher, einmal zu übernachten! Wir sind sieben Stunden angereist und sieben Stunden gewandert (reine Gehzeit). Das läßt sich mit einer Hüttenübernachtung leicht in ein günstigeres Verhältnis bringen.

Mir hat die Gegend extrem gut gefallen! Würde da sofort für ein Wochenende hinfahren!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert