Im Nationalpark Thayatal: von Hardegg nach Retz

Burg Hardegg, Titelbild, Foto Veronika Schöll

Vom Waldviertel ins Weinviertel – von Hardegg nach Retz, eine geschichtsträchtige Wanderung im Nationalpark Thayatal.

Es wird ein heißer Frühsommertag mit entsprechend hoher Gewitterneigung im Bergland. Sagt zumindest der Wetterfrosch, der in meinem Handy sitzt. Ich schaue mir im Internet die Wetterkarte Österreichs an und entdecke eine Ecke hoch oben im Norden, die keine Gewitterwolken anzeigt. Und angeblich ist es im Waldviertel ja nie heiß. Gerade habe ich die tollen Bilder einer lieben Bekannten, die am Vortag im Waldviertel unterwegs war, bewundert. Schön! Gute Idee.

Leider konnten wir innerhalb der nächsten 6 Tage keine Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Reutte zu dieser Tour für dich finden.

Die Wanderung nach Retz beginnt in Hardegg, mitten im Nationalpark Thayatal. Dorthin kommt man mit dem Bus aus Retz. Nach Retz mit dem Zug.

Hardegg

Hardegg ist ein romantisches kleines Städtchen (die kleinste Stadt Österreichs) mitten im Nationalpark Thayatal. Gleich an der Grenze zu Tschechien. Nur mehr etwa 80 Leute leben ständig da, die meisten vor Wochenenddomizilen parkenden Autos haben Wiener Kennzeichen. Romantisch ist es hier. Es gibt einen kleinen Greissler und ein freundliches Gasthaus.

Ich steige bei der Burg Hardegg aus. Wenn es später wäre, würde ich sie auch besichtigen, aber sie öffnet erst um 10.00. Von hier hat man einen schönen Blick auf die Burg und zum Reginafelsen hinüber.

Dann folge ich dem Wegweiser zur Thayabrücke hinunter. Einen kurzer Ausflug über die Brücke, die nur für Radfahrer und Fußgänger offen ist, nach Tschechien hinüber, ist gleichzeitig ein Ausflug in die Zeitgeschichte. Genau in der Mitte des Flusses verläuft die Staatsgrenze zwischen Tschechien und Österreich. Auch auf der anderen Seite der Thaya gibt es zahlreiche Wegweiser. Vielleicht werde ich die Gegend mal mit dem Rad erkunden. Ich fotografiere auf der tschechischen Seite und gehe dann wieder zurück nach Österreich 🙂

Auf der tschechischen Seite der Brücke, also schon in Südmähren, befindet man sich im Nationalpark Narodni Park Podyji.

Seit der Grenzöffnung 1989 ist die Brücke ein Symbol für ein geeintes Europa. Ab 1950, als die damalige Tschechoslowakei sich Österreich gegenüber abschottete und den Eisernen Vorhang mit Wachtürmen und Soldatenbewachung hochzog, war Hardegg das Ende der westlichen Welt.

Thayabrücke und  Grenzübergang in Hardegg. Foto Veronika Schöll
Thayabrücke und Grenzübergang in Hardegg. Foto Veronika Schöll

Der Thaya entlang

Nach so viel Geschichte widme ich mich nun eine Zeit lang der Natur und wandere durch den Auwald entlang der Thaya. Ich höre nur die Vögel zwitschern und den Fluss leise glucksen. Der Weg geht fast immer am Ufer entlang. Jetzt im Frühsommer durch üppige Vegetation, bunt blühende Wiesen und dichten grünen Dschungel. Ich folge dem roten Wegweiser: Thaytalrunde 1.

Wanderpfad entlang der Thaya. Foto Veronika Schöll
Wanderpfad entlang der Thaya. Foto Veronika Schöll

Die Thaya hat über die Jahrtausende ihr Flussbett im Granit geformt, es sind zahlreiche Mäander entstanden. Ich komme zum Thaya Überstieg. Hier führt das Flussbett in einem weiten, fast vollständigen Kreis um den Umlaufberg herum. Selbst die Staatsgrenze folgt diesem gewundenen Flussverlauf. Der Umlaufberg liegt auf österreichischem Staatsgebiet. Man kann den Mäander ausgehen oder so wie ich, auf den Überstieg hinauf steigen und von oben hinunterschauen. Der Überstieg ist ein felsiger Hügel, der den Kräften des Wassers der Thaya standhielt und eine natürliche Aussichtsplattform zwischen dem mäandernden Fluß bildet.

Am Überstieg, Thaya-Mäander. Foto Veronika Schöll
Am Überstieg, Thaya-Mäander. Foto Veronika Schöll

Burg Kaja

Kurz nach dem Überstieg verlasse ich die Thaya und gehe entlang des Kajabaches weiter. Am Weg fällt mir eine kleine Höhle aus Granitblöcken auf, weil die Sonne so schön durch sie hindurch leuchtet.

Ein grauer Wegweiser zeigt den Weg zur Burg Kaja, meinem nächsten Ziel, an.

Ich biege deshalb vom Hauptweg nach rechts ab, steige zur Burg hoch und investiere drei Euro in die Besichtigung der Ruine. Den gleichen kurzen Weg gehe ich wieder zurück und folge dann dem Wegweiser nach Retz.

Nach Retz

Mein Weg führt mich nun über diverse Forststraßen nach Retz. Zugegeben, dieser Teil ist weniger attraktiv und es wird zunehmend heißer. Die schattenspendenden Fichten sind wie fast überall im Waldviertel dem Borkenkäfer und dann der Motorsäge zum Opfer gefallen. Ein teilweise trauriger Anblick. Angenehm ist, dass das Wirrwarr an Forststraßen sehr gut markiert und Verirren ausgeschlossen ist.

Durch den Wald nach Retz. Foto Veronika Schöll
Durch den Wald nach Retz. Foto Veronika Schöll

Je näher ich Retz komme, desto stärker verändert sich die Vegetation. Der Boden wird sandiger und trockener, der Mischwald weicht Eichen- und Birkenwäldern, Brombeerhecken, Feldern, Trockenrasen und schließlich Weingärten. Das Klima hier ist bereits semiarid, das Retzer Land ist die trockenste Gegend in Österreich. Von Weitem erkenne ich schon die Retzer Windmühle, Retz ist schon ganz nah.

Retzer Windmühle. Foto Veronika Schöll
Retzer Windmühle. Foto Veronika Schöll
Retzer Kalvarienberg. Foto Veronika Schöll
Retzer Kalvarienberg. Foto Veronika Schöll

Sightseeing in Retz

Von der Retzer Windmühle wandere ich hinunter in die Stadt zum historischen Hauptplatz. Hier werde ich wieder von der Geschichte eingeholt. Die Herrschaften der Burg Hardegg haben Retz im Mittelalter gegründet und der Stadt zu großem Reichtum verholfen.

Mittlerweile ist es richtig heiß geworden und ich sehne mich nach Abkühlung.

Um 16.00 wird eine Führung durch die Retzer Unterwelt angeboten. Unbedingte Empfehlung! Charmant und kurzweilig vorgetragen, erfährt man vieles zur Retzer Geschichte und wandert durch die unterirdischen, in den Sand gegrabenen Weinlagerkeller. Die Tour endet nach etwa eineinhalb Stunden in der Gebietsvinothek. Ich verkoste ein Gläschen typischen Weinviertler Grünen Veltliner DAC, schön kalt, vom Ried Altenberg, einer der besten Rieden des Landes. Sicherheitshalber nehme ich ein Flasche mit nach Hause.

Bevor der Zug nach Wien abfährt, bleibt mir noch ein Viertelstündchen. Ich klettere auf den Turm des historischen Rathauses. Drinnen gibt es das mechanische Uhrwerk der Turmuhr zu bewundern, oben für Schwindelfreie einen grandiosen Rundumblick ins Retzer Land im sanften Abendlicht.

Vom Hauptplatz braucht man etwa 15 Minuten bis zum Bahnhof. Der Zug nach Wien wartet bereits. Ich steige ein und lasse mich müde in den Sitz fallen. Herrlich.

Tourdaten

Die Route in Zahlen:   5:00 Std Wandern   350 HM   400 HM   21 km   GPX Track

Fazit

So sehr ich die Berge liebe, bezaubert mich das geheimnisvolle Waldviertel, die sanfte, wellige Landschaft, die Weite des Weinviertels und das besondere Licht hier, immer wieder aus Neue. Mir hat die Wanderung im Nationalpark Thayatal, von Hardegg nach Retz besonders gut gefallen, weil man sehr viel an Geschichte und unberührte Natur hautnah erleben kann. Es ist wie Eintauchen in einen Mikrokosmos.

3 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert