Wenn der Winter in den hohen Bergen Einzug hält und der Wanderer die Fragen der passenden Ausrüstung (sicher noch keine Ski, aber vielleicht doch Schneeschuhe?) und auch rutschig-verschneite Wiesen und das Waten durch eingewehte Mulden umschiffen will, dann, spätestens dann rückt die Osterhorngruppe ins Blickfeld.
Viele der Gipfel (nur einer, das Gamsfeld überschreitet die 2.000 Meter Marke) sind von der letzten Bushaltestelle (etwa in Lämmerbach oder der Tiefbrunnau) in langen Wanderungen, die teilweise über Forststraßen führen werden, zu erreichen. Die Gipfel entlang der markierten MTB-Routen aber sind mit ihren oft nur 300 oder 400 Höhenmeter wahre Spritztouren. Warum ich bei meinen Unternehmungen (bisher) niemand gesehen habe, der Radfahren und Wandern verbindet, müsste eine Umfrage klären…
Hier beschreibe ich eine ausgiebige Radrunde (circa 80 Kilometer) Anfang Oktober 2024, kombiniert mit der Besteigung des – von vielen Seiten her abgelegenen – der Gruppe den Namen gebenden Osterhorns (400 Höhenmeter).
Die S3 bringt mich – vormittags ist um diese Jahreszeit genügend Platz – von Salzburg nach Bad Vigaun. Mit dem Rad durch die Unterführung auf die andere Seite das Bahnhofs – und los geht es, Richtung St. Koloman. Ich fahre auf der frisch asphaltierten Beinahe-Autobahn bergan und zweige nach Wegscheid ab. Weiß, alpin, schön zu betrachten aber wohl jetzt mühsam bis gefährlich zu besteigen, blickt der Hohe Göll auf den friedlich grasenden Hengst.
In Wegscheid gilt es, die richtige Abzweigung zu finden – „Abtenau“ steht auf dem Hinweispfeil. Nun flott bergab durch milde Landschaften auf guter Straße – fast ohne jeden Verkehr!
Der Schwarze Berg trennt dieses wahrlich idyllische Tälchen vom Tal der von Abtenau kommenden Lammer. In den schattigen Passagen ist es empfindlich kalt. Als ich von Pichl – nun die öffentliche Straße verlassend der MTB-Route folgend – den Aubach hinauffahre, sind Handschuhe und Windjacke noch mehr gefragt.
Mehrere MTB-ler in tollem Outfit überholen den stillen Genießer.
Die Route führt immer am Talgrund entlang, den Einberg zur Rechten, und wendet sich bei der Einmündung dem Ackersbach zu, der sich hier selbst eine tiefe Schlucht gegraben hat. Nachdem die Steilstufe überwunden ist (die von den starken Regenfällen ausgewaschene Straße wird gerade frisch geschottert und gewalzt) liegt in der nun warmen, föhnigen Luft, das breite und flache Almgebiet vor mir, begrenzt von den ebenmäßigen Pyramiden des Gennerhorns und des Holzecks.
Wieder überholen mich fesch herausgeputzte Senioren auf E-MTBs, die mir vor der Ackersbach-Forsthütte das Gatter freundlich aufhalten. Die Sonne spielt mit dem verfärbten Buchenlaub. Mir kommt das Kreuzrippengewölbe einer gotischen Kirche in den Sinn.
Gut, dass ich hier bergauf und nicht bergab fahre: die Fahrbahn ist stark ausgewaschen. Es fordert mein Geschick, um in dieser Geröllhalde nicht absteigen zu müssen.
Am kleinen Sattel am Beginn der weiten Almflächen der Genneralm suche ich nach einer Möglichkeit, mein E-Bike an einem fixen Gegenstand (es wird ein zarter Baum) zu sichern. Der gänzlich unschwierige Steig auf den Hohen Zinken – mit 1764m der höchste Gipfel im Umkreis der Alm – ist gut markiert, ausgewaschen und nach dem massiven Schneefall im September mehrfach von Bäumen, die dieser Wetterkapriole nicht gewachsen waren, verlegt.
Dennoch kommen mir mehrere Wanderer – vor allem Frauen! – entgegen. Bald wird der Wald noch lichter und löst sich, der Gipfelabflachung nahe, in eine Wiese auf. Wie auf einer Glatze manchmal (der Hl. Paulus wird gerne so dargestellt) ein Haarbüschel stehen bleibt, ist der Gipfel selbst wieder von Latschen und kämpfenden Bäumen bis knapp unters Kreuz bewachsen.
Am Grat geht es flott hinüber – ein oder zweimal mit Schnee-Berührung – zum etwas niedrigerem Osterhorn (1.746 Meter).
(Verlockend wäre eine Überschreitung: Lämmerbach – Genneralm – Osterhorn – und über den Saurücken hinunter zum Wolfgangsee; eine Tagestour; vielleicht ein andermal, ohne E-Bike).
Auf der „Glatze“ des Hohen Zinken finde ich eine trockene Felsinsel für die – etwas verspätete – Mittagsrast.
Das Rad hat brav auf mich gewartet und bringt mich – an der eindrucksvollsten mir bekannten Buche vorbei – Richtung der noch offenen Posch´n-Hütte.
Ein Schläfchen auf trockener Wiese in der schon flacher werdenden Sonne muss noch sein, bevor es auf guter Straße (ganz oben sogar ein Stück Asphalt) im kühl-kalt-feuchtem Schatten ins Tal geht.
Nun erliege ich der Verführungskunst der leuchtenden Buchen, die im Herbstkleid zum Tanz in der Nachmittagssonne einladen:
„Es gibt doch eine MTB-Route so ein- bis zweihundert Höhenmeter über dem Talgrund!“ – Von der Häusergruppe Aschau ein Stück Richtung Königsbergalm und dann der Forststraße am Hang folgen – bis zum Hirschpoint. Während die Schatten wie ein dunkler Vorhang über den Talgrund von Hintersee gezogen werden, bleibe ich noch für einige Zeit im Reich der föhnig- warmen Sonnenluft…
Wo die Forststraße den Talgrund erreicht, zweigt gleich gegenüber ein breiter Weg ab, der für die Benützung durch Fußgänger und Radfahrer freigegeben ist; Seeblick mit Spiegelungen inbegriffen! (An Wochenende-Nachmittagen würde ich – der prominierenden Spaziergänger wegen – allerdings mit dem Rad lieber die Hauptstraße wählen.)
Richtung Salzburg (S-Bahn) wähle ich die ruhige Route über die – mich immer wieder mit staunend-offenem Mund antreffende – Strubklamm.
Hinter dem Werkschulheim Felbertal ist die Straße im Sommer frisch asphaltiert worden (ebenso die Etappe von der Vorderfager nach Glasenbach hinunter). Auf der nur einspurigen Straße durch Hinterwinkel kommen mir viele Pendler entgegen, die mich und sich in der milden Abendsonne an den Straßenrand drängen.
Zum Bahnhof Salzburg-Süd muss man sich gekonnt durchschlängeln (Kreisverkehr – Brücke über die Bahn – Ausfahrt nach rechts – dann wieder links unter der Straßenbrücke durch und gleich nochmals nach links durch die Siedlung und abermals die Aufahrts-Straße überquerend zum Bahnhof) – und dann (Absteigen! befehlen Schild und Video-Kamera) unter dem Gleiskörper zur Fahrtrichtung nach Salzburg.
Von 1. Mai bis 15. November sind die Radrouten tagsüber freigegeben. Wenn die kalte Luft im Tal liegt und der Föhn die Höhen wärmt, können Zwischendurch-Bike&hike-Touren so manche Urlaubs-Freiheit bis tief ins herbstliche Arbeitsjahr ausdehnen. Die Osterhorngruppe heißt dich hierzu in vielen Varianten willkommen.