Schon in meinem letzten Winter-Tourenbericht habe ich von der Nebelsuppe gesprochen, die ich seit meiner Kindheit aus dem Gebiet von Steyr kenne. Zum Glück gibt es rundherum im Alpenvorland zahlreiche Berge, die man erklimmen kann, um ihr zu entkommen.
Jackpot: Ich muss nix organisieren!
Anfang Jänner habe ich besonderes Glück: Ein lieber Bekannter, Marco, seines Zeichens Gründer des tollen Zugreisebüros planetREISEN, bietet eine Tageswanderung am Menweg von Großraming nach Losenstein an. Der Wetterbericht passt, die Wanderschuhe sind geschnürt und ich freu mich, einmal bei einer seiner tollen Öffi-Tageswanderungen (er nennt sie „Gehzeiten“), die er immer wieder anbietet, mitgehen zu können.
So sehr ich die Wanderungen, die ich mit meiner Initiative dunya in Österreich organisiere oder die Wanderreisen, die ich in Jordanien leite, auch liebe – es ist ein großer Luxus, einmal nichts organisieren zu müssen. Ich folge also einfach Marcos Ratschlag und steige in Garsten (wo ich gerade bin) in den Zug Richtung Kleinreifling. Der Regionalzug müht sich durch den Nebel – links und rechts: Alles nur grau.

In Großraming treffe ich auf den Rest der Gruppe, wir sind heute zu dreizehnt unterwegs. Gleich gibt es eine nette Überraschung: „Sarah?“ – eine fragende Stimme spricht mich an. Die Stimme stellt sich später als P. heraus, die Mama meines alten Schulfreundes V. Ich hab also gleich jemanden zum Reden!
Am Menweg und in der Türkei
Wir setzen uns in Bewegung, überqueren die Enns und den Neustiftbach und steigen dann auf einem Waldweg stetig bergan.

Wir sind hier schon am Menweg!
Wer wundert sich über den Namen „Menweg“? Dieser war jahrhundertelang ein wichtiger Verbindungs- und Karrenweg für Flößer und Bauern in Richtung Steyr. Irgendwie schön, auf deren Spuren unterwegs zu sein. Laut Marco ist der Weg heute sehr einsam – damit wird er recht behalten.

Es ist immer noch trüb und neblig, aber das macht nichts. Die Sonne bricht nämlich schon langsam durch das mystische Grau und macht ganz wunderbare Fotos möglich.

Außerdem unterhalten wir uns gut und da Marco und ich beide Reiseleiter:innen sind, ist es schön, mal die Updates und Geschichten der letzten Reisen zu hören. In die Türkei sind wir beide unterwegs – er wandert mit einer Gruppe am Lykischen Weg, ich begleite im Mai eine Zugreise in die Südosttürkei und im August eine in die Nordosttürkei.
Drei-Orte-Blick ohne Orte
Je höher wir steigen, umso öfter fragen wir uns, ob wir nicht doch die Grödel hätten auspacken sollen. Es ist stellenweise ganz schön eisig und wir kommen bei diesen Abschnitten nur langsam voran. Ich gehe eine Zeit lang vorne, mein Wandern wird durch einen Hund erschwert, der es irgendwie besonders toll findet, exakt vor meinen Beinen zu laufen.

Als wir den 3-Orte-Blick erreichen, sehen wir zwar die drei Orte nicht, stehen dafür aber schon über dem Nebel und das ist wahrlich schön. (Jemand sagt mir später, die drei Orte seien Trattenbach, Reichraming und Losenstein. Ich zweifle es nicht an.)

Schwupps, auf die Bucketlist!
Die Forststraße Holleiten führt uns weiter bis zur Nösteltaler Kapelle. Dort sehen wir schon schön zum Gipfel des Schiefersteins hinauf – der den Namen „Steinerner Jäger“ trägt. Da der Weg hinauf aber für einen Wintertag wie heute viel zu abschüssig und rutschig ist, begnügen wir uns mit einem Blick hoch und ein paar Fotos. „Erinnerst du dich noch“, sagt Marco zu einem Wanderer, „1999 und dann 2005 waren wir schon mal hier!“ Ich bekomme große Augen – mein Kopf erinnert sich wohl an Wanderungen, die ich bereits gemacht habe (meine Bahn zum Berg – Tourenbeschreibungen helfen hier sehr!), nicht aber an die Jahreszahl. Hut ab!

Kurz nach der Kapelle gibt es eine Weggabelung. Wir sind am Gscheid/Gschoad und haben mehrere Möglichkeiten: nach Steyr, Laussa, auf den Schieferstein. Wir zweigen nicht nach links ins Nösselthal ab, sondern bleiben auf der Forstraße und folgen später wieder dem Waldweg.

Erst jetzt informiere ich mich ein bisschen: Wir befinden uns aktuell auf dem Sebaldusweg, der offenbar in der Coronazeit zur Aufwertung der lokalen Wanderwege gegründet wurde und Menschen in die wunderbare Umgebung locken sollte. Er führt auf mehreren Tagesetappen durch die ansprechende Landschaft des Ennstals. Schöne Idee! Die Beschilderung des Weges ist leider sehr klein aus- und mir deshalb bisher wohl auch nicht aufgefallen.
Wir sind schon bei Kilometer 10 angekommen und somit beginnt auch unser Abstieg. Passenderweise befinden wir uns gerade am „Schiefersteinweg“. Ich schupfe den Schieferstein gedanklich auf meine Wander-Bucketlist. Aber für den Sommer, versteht sich.

Ebenso wie wir bergauf gerutscht sind, rutschen wir auch bergab. Irgendwann schnalle ich mir doch meine Grödel um, da ich keine richtigen Winterwanderschuhe habe und doch viel unsicherer gehe als alle anderen.


Wenig repräsentativ, aber viel Polenta
Über Stiedelsbach geht’s steil bergab und dann stehen wir noch kurz über den Nebel und dann wieder im Nebel. So schnell kanns gehen! Wir sind aber trotzdem sehr zufrieden und Marco hat ein nettes Gasthaus für uns ausgewählt: die Petermühle. Dort sitzt unsere bunte Wandergruppe nun und bestellt der Reihe nach „Polentalaibchen“. Im Schnitt essen die Losensteiner:innen hier wohl doch mehr Schnitzel und Hendl, nach der siebten vegetarischen Bestellung meint die Wirtin jedenfalls, dass sie jetzt erst nachschauen müsse, ob es noch so viele Polentalaibchen gäbe. Bei mir werden es Käsespätzle – aber ohne Speck. Unsere höchst vegetarische Gesamtbestellung scheint nicht sehr repräsentativ für die Gegend zu sein 😊
Dann kommt das Essen und es war (mehr als!) genug für alle da. Die Portionen sind riesig und ich kann wieder mal kaum glauben, welche Menge Essen man hier „am Land“ um 10 Euro bekommt. Mit Wiener Großstadtpreisen nicht zu vergleichen!
Und dein Wanderziel für 2025?
Im Gasthaus wird noch diskutiert, ob wir noch einen Abstecher zur Ruine Losenstein machen. Manche wünschen sich nämlich noch mehr Höhenmeter. Mein Sitznachbar erzählt mir außerdem von seinem Plan, dieses Jahr 2000 Kilometer zu Fuß zu gehen. Letztes Jahr waren es 1.000 und er hat es gerade so geschafft. (Alltagswege zählt er aber nicht, nur „echte“ Wanderungen.) Ich denke beim Schreiben an unsere engagierte Tourenreporterin Alice aus der Steiermark, die wiederum 2025 Gipfel mit Anfangsbuchstaben von A bis Z besteigen möchte und frage mich, ob ich vielleicht auch einen Wandervorsatz für 2025 brauche.
In Losenstein ums Eck – und dann zum Bahnhof
Während des Plauderns, Diskutierens und Pläneschmiedens vergeht dann doch die Zeit und als wir satt und warm eingepackt vorm Gasthaus stehen, ist für einen Ruinen-Besuch keine Zeit mehr.

Stattdessen bummeln wir noch eine Runde durch das Ortszentrum von Losenstein und bestaunen den genossenschaftlichen Supermarkt „Ums Egg‘‘, in dem man bio und lokal einkaufen kann. Ich freu mich, wie viele Alternativen zu den (zwei) großen Supermarktketten es in Österreich mittlerweile gibt – in Wien zum Beispiel MILA und Morgenrot. In Losenstein eben „Ums Egg“.

Mit einer letzten Enns-Überquerung sind wir auch schon wieder beim Bahnhof und dieser versinkt in dichtem Nebel – es ist ja auch schon Nachmittag.

P. geht von hier aus zu Fuß nach Hause, wir anderen nehmen den Zug in Richtung St. Valentin bzw. Linz zurück. Ich lehne mich zurück und bin äußerst zufrieden mit diesem Wandertag, den ein toller Wanderführer-Kollege so schön für uns organisiert hat! Danke, Marco!
Fazit
Ich werde langsam Fan von der ganzen Gegend rund um Steyr. Diese Wanderung hatte für meinen Geschmack für den Sommer ein bisschen zu lange Abschnitte auf Forststraßen, für eine Wintertour war sie perfekt so wie sie war. Wie immer gilt: Grödel einpacken! Das Gefühl, über dem Nebel zu stehen, ist immer wieder erhebend und der Schieferstein steht schon auf meiner Liste.
Als Öffi-Tour ist diese Wanderung am Menweg super geeignet und im Stundentakt zu erreichen. Und man muss dabei nicht in OÖ wohnen: Auch von Linz, Wien, Amstetten, St. Pölten aus ist die Wanderung als Tagestour gut zu schaffen. Auf nach OÖ!
