Pfiati Gletscher Wanderung!? – Der Gaisbergferner im Ötztal als schmelzender Zeitzeuge des Klimawandels

Die zweite Holzbrücke auf etwa 2.450 Metern (nur für Alternativweg), das Gletschervorfeld und der Gaisbergferner im Hintergrund. Für den Hinweg zur Gletscherzunge bleiben wir auf der linken Seite. Foto: Niklas Richter

Das Jahr 2025 wurde von den Vereinten Nationen zum „Internationalen Jahr zur Erhaltung der Gletscher“ (Beschreibung, offizielle Webseite auf Englisch) deklariert. Gebirgsgletscher haben weltweit auf Grund des Anstiegs der globalen Durchschnittstemperatur um +1,2°C über das vorindustrielle Niveau in den letzten Jahrzehnten einen beispiellosen Massenverlust erlitten. Dieser Gletscherrückgang trägt maßgeblich zum Anstieg des Meeresspiegels bei und reduziert langfristig die regionale Wasserverfügbarkeit, insbesondere während der Trockenperioden oder Dürrezeiten. Die Botschaft ist eindeutig: Ambitioniertere Klimaschutzmaßnahmen würden die Risiken des  Klimawandels verringern und damit einen erheblichen Teil der Gletschermasse erhalten.

Heute machen wir uns mit den Öffis auf den Weg zum Gaisbergferner, hoch oben im Ötztal. Der Gaisbergferner hatte Anfang des 21. Jahrhunderts noch etwa eine Fläche von 1 km².  Durch den Klimawandel wird der Gaisbergferner immer kleiner und zieht sich weiter zurück. Projektionen für die Zukunft dieses Gletschers könnt ihr hier sehen (auf der gleichen Seite gibt es auch Projektionen für andere Gletscher in den Alpen).

Ein paar Fakten zur  Wanderung:

Wir starten von Innsbruck mit dem Railjet und fahren nach Ötztal-Bahnhof. Dort geht es mit wenig Umsteigezeit in den Bus nach Obergurgl Zentrum (Endhaltestelle). Aber keine Angst, normalerweise wartet der Bus, und andernfalls fährt der nächste in einer halben Stunde.

Gemütlich geht es erst mal durch das Dorf, und wer noch keine Jause gekauft hat, kann das direkt neben der Haltestelle beim Bäcker tun. Nun geht es steil hinauf Richtung Universitätszentrum, dann biegen wir links ab auf den breiten Forstweg. Diesem folgen wir bis zur Hohen Mut – Mittelstation. Im Sommer sieht man hier die Spuren des Wintersports besonders: Überall Schneekanonen, Lifte und grüne, kahle Wiesen. Dort nehmen wir den Abzweig ins Gaisbergtal, weiter einem Forstweg folgend, oder steiler, einem kleinen Pfad folgend, der wieder auf den Forstweg kommt.

Die ersten Höhenmeter Aufstieg erreichen wir über Forstwege und Skipisten. Der Startpunkt, Obergurgl, im Hintergrund. Foto: Lilian Schuster
Die ersten Höhenmeter Aufstieg erreichen wir über Forstwege und Skipisten. Der Startpunkt, Obergurgl, im Hintergrund. Foto: Lilian Schuster

Auf etwa 2.200 Meter zweigen wir endlich vom Forstweg ab und nehmen einen Pfad, der sich nach wenigen Metern aufzweigt. Wir gehen bei dieser zweiten Abzweigung geradeaus, direkt in das Gaisbergtal. Vor uns sehen wir jetzt zum ersten Mal den Gletscher. Mit dem Ziel vor  Augen steigt die Motivation. Gemütlich geht es nun erst einmal flach in das Tal hinein, immer links von uns der gletschermilchfarbene Gaisbergbach. Manchmal kann es hier ein bisschen matschig sein, doch es gibt einige Holzlatten, die helfen den Matsch zu umgehen

Kurz nach Verlassen des Forstweges, erblicken wir auf etwa 2.200 Metern zum ersten Mal unser heutiges Ziel, das Gaisbergtal und den Gaisbergferner. Foto: Lilian Schuster
Kurz nach Verlassen des Forstweges, erblicken wir auf etwa 2.200 Metern zum ersten Mal unser heutiges Ziel, das Gaisbergtal und den Gaisbergferner. Foto: Lilian Schuster

Je tiefer wir in das Tal wandern, desto einsamer wird es. Erst ist die Landschaft noch grün, doch irgendwann wird sie grauer und steiniger. Die Spuren des Skigebietes verschwinden und wir begeben uns stattdessen auf eine Zeitreise, indem wir die Spuren des Gaisbergferners aus der Vergangenheit suchen. Es gibt große Gletscherschliffplatten, die der Gletscher durch seine Talwärtsbewegung flach geschliffen hat. Auch kann man mehrere Moränenwälle finden, könnt ihr sie auch entdecken?

Nach dem ersten Aufschwung, kurz hinter einem Wegweiser auf etwa 2.200 Metern. Wir überqueren hier den Bach (normalerweise über ein Holzbrett) und gehen links den Pfad über den nächsten Aufschwung weiter. Foto: Lilian Schuster
Nach dem ersten Aufschwung, kurz hinter einem Wegweiser auf etwa 2.200 Metern. Wir überqueren hier den Bach (normalerweise über ein Holzbrett) und gehen links den Pfad über den nächsten Aufschwung weiter. Foto: Lilian Schuster

Nach einem ersten kleinen Aufstieg überqueren wir auf einem kleinen Plateau vor dem nächsten Aufstieg den Bach. Normalerweise gibt es ein großes Holzbrett als Brücke. Im Frühsommer ist das Holzbrett manchmal noch nicht wieder angebracht, sodass man den Bach am besten über Steine springend oder barfuß überwindet. Den weglosen Aufstieg rechts vom Bach würde ich nur empfehlen, wenn die beiden anderen Optionen nicht funktionieren. Aber Achtung auf dem Rückweg am Nachmittag wird der Bach mehr Wasser führen.

Nach einem etwas längeren Aufstieg erreichen wir das letzte Plateau, wo wir mit einer tollen Sicht auf die Gletscherzunge belohnt werden. Hier kann man die großen abgeschliffenen Felsblöcke besonders gut finden. Jetzt geht es flach bergab bis zu einem Wanderschild, das zur Hohen-Mut-Bahn weist (Alternativweg für den Rück- oder Hinweg, mit einer zweiten Holzbrücke, siehe Foto). Hier endet der offizielle Wanderweg und es geht auf verschiedenen Pfaden zur deutlich sichtbaren Gletscherzunge (tiefster Punkt des Gletschers). Im ehemaligen Gletscherbett finden wir einige Granatkristalle und auf manchen Steinen gibt es Jahreszahlen, die den Rückgang der Gletscherzunge dokumentieren.

Die zweite Holzbrücke auf etwa 2.450 Metern (nur für Alternativweg), das Gletschervorfeld und der Gaisbergferner im Hintergrund. Für den Hinweg zur Gletscherzunge bleiben wir auf der linken Seite. Foto: Niklas Richter
Die zweite Holzbrücke auf etwa 2.450 Metern (nur für Alternativweg), das Gletschervorfeld und der Gaisbergferner im Hintergrund. Für den Hinweg zur Gletscherzunge bleiben wir auf der linken Seite. Foto: Niklas Richter

Wir erreichen die Gletscherzunge, jedes Mal sieht es hier etwas anders aus. Manchmal ist das Gletschereis richtig ausgehöhlt, manchmal ist die Höhle zusammengebrochen. Achtung, das Eis kann jederzeit abbrechen, deswegen sollte man etwas Abstand halten, falls sich solch eine Höhle formt. Auf dem Gletscher liegt einiges an Schutt, teilweise so viel, dass man das Eis nicht einmal mehr erkennen kann. Man kann links vom Gletscher noch etwas weiter hoch wandern. Allerdings nur ein kleines Stück, da danach die Flanken zu steil werden und weiter oben Steinschlaggefahr besteht. Wir werden den Gletscher heute nicht betreten, da wir keine Hochtourenausrüstung dabei haben. Es gibt zwar nicht viele, aber doch ein paar Gletscherspalten.

Die Gletscherzunge des Gaisbergferners (hier aus dem Jahr 2022). Sie verändert sich stetig und jedes Mal ist es wieder eine Überraschung, wie viel abgeschmolzen ist. Foto: Lilian Schuster
Die Gletscherzunge des Gaisbergferners (hier aus dem Jahr 2022). Sie verändert sich stetig und jedes Mal ist es wieder eine Überraschung, wie viel abgeschmolzen ist. Foto: Lilian Schuster

Es ist schön hier, aber wir denken schon baldan den Rückweg, da in dieser Gegend schnell Gewitter entstehen können. Wir wandern heute den gleichen Weg zurück. Je nach Wetter, Lust und Kondition könnt ihr aber auch noch auf die Hohe-Mut wandern (Link zum Track, siehe “Hohe-Mut” Foto) und die Seilbahn hinunter nehmen oder zu Fuß Richtung Rotmoostal absteigen und durch den schönen Zirbenwald zurück nach Obergurgl wandern (Link zur längeren Rundwegvariante). 

Auf der Hohen Mut, die man über den Alternativweg erreicht. Links das Gaisbergtal und der Gaisbergferner, von dem wir gekommen sind, und rechts das Rotmoostal, in welches man absteigen kann. Foto: Lilian Schuster
Auf der Hohen Mut, die man über den Alternativweg erreicht. Links das Gaisbergtal und der Gaisbergferner, von dem wir gekommen sind, und rechts das Rotmoostal, in welches man absteigen kann. Foto: Lilian Schuster

Momentan erreicht man die Zunge des Gaisbergferners noch auf leichten Wanderwegen. Durch den steten Rückgang kann sich das allerdings bald ändern. Die beste Jahreszeit ist dafür Juni bis September, abhängig von den Schneebedingungen (Infos über eine webcam). Den Startpunkt der Tour, Obergurgl, erreicht man leicht mit den Öffis (meist halbstündige Busse von Ötztal-Bahnhof aus). Damit ist die Tour als Tagestour gut möglich, vor Allem, wenn ihr zwischen Innsbruck und St. Anton wohnt. Ansonsten gibt es viele Möglichkeiten im Ötztal zu übernachten.

Habe ich dein Interesse zum Thema Gletscher geweckt? Dann schau doch mal auf unserer Webseite vorbei: https://goodbye-glaciers.info/de/.

Tourdaten

Die Route in Zahlen:   5:00 Std Wandern   700 HM   700 HM   12.5 km   GPX Track

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