Das versteckte Seidlwinkltal mit dem Rauriser Tauernhaus lädt mich seit fast 20 Jahren auf einen Kennenlern-Besuch ein. Die ÖFFI&Bike&hike – Möglichkeiten spielen hier ihre Stärken voll aus. Für Feinspitze, die das Besondere im freien Gelände einsamer Berger zu schätzen wissen, ein Geheimtipp.
Verbindungen mit Bahn und Bus von Linz
Wir empfehlen von Linz diese Verbindungen für die Hin- und Rückfahrten zur Tour:Die Recherche: Vom Bhf. Taxenbach bis zum Rauriser Tauernhaus sind es 28 Kilometer und knapp 900 Höhenmeter; das schafft jeder gute E-Bike Akku. Doch wohin dann? Es gibt nur einen markierten Weg – hinauf zur Glocknerstraße. Das Hintere Modereck sieht machbar aus. Die Landkarten und das Internet sind allerdings recht schweigsam. Welche der eingezeichneten Wege und Steige tatsächlich vorhanden sind – in jedem Karten-Layer sieht es anders aus – wird sich erst vor Ort herausstellen. Die Webcam vom Fuscher Törl allerdings zeigt verlässlich die aktuellen Verhältnisse.
Wie ich vom Bahnhof am besten auf die Rauriser Bundesstraße komme, schaue ich mir auch schon zu Hause genau an.
Das stabile Herbstwetter Anfang November hat die Motivation so sehr gesteigert, dass ich um 4:30 Uhr mein Bett gegen die Sitze in der S3 getauscht habe, die Füße hoch lagere und Kräfte sammelnd vor mich hin döse.
Wie auf Scotty angekündigt ist der Lift in Taxenbach außer Betrieb und ich dirigiere mein Bike die Treppe hinunter und dann gleich nach rechts zur Salzach. Die Wiesen glitzern im Reif. Über das Weglein geht es zur gedeckten Brücke und durch „Höf“ hindurch zur Rauriser Bundesstraße.
Die L112 ist bereits – es geht gegen ½ 7 Uhr – eine Rennstrecke talauswärts. Taleinwärts sind es nur eine Handvoll Autos, die mich überholen.
Vor Wörth nütze ich den Radweg und dann geht es ins Seidlwinkltal, noch 14 Kilometer (mehr als bis nach Kolm Saigurn!) bis zum Tauernhaus. Handschuhe mit Überhandschuhen haben Mühe, meine Hände warm zu halten.
Allein die morgendliche Fahrt durch dieses stille Tauerntal war des frühe Aufstehens wert: die Wasserfälle, der tosende Ache, das Gefühl, etwas Besonderes zu unternehmen, die Vorfreude, endlich dieses Tal ein wenig kennen zu lernen.
Die Straße ist gut, sehr gut, über weite Strecken fast wie Asphalt. Im Sommer, so las ich, verkehrt hier ein Wanderbus. Knapp vor dem Tauernhaus komme ich in eine wärmere Luftschicht – und dann liegt es vor mir, dieses fast 550 Jahre alte Bauwerk, wie aus einem Freilichtmuseum. Wann haben die Bäume gekeimt, deren Balken nun seit so langer Zeit ihre Dienste tun?
Ein guter Parkplatz ist schnell gefunden – und der Weg auf die Diesbach Alm weist sogar die Profile von Reifen (Ist hier ein Quad unterwegs?) auf.
Mir ist heute danach, nicht den leichtesten Weg zu wählen, und so suche und finde ich einen guten Steig zur Weißenbachrinne, der offenbar von Skifahrern im Mai oder Juni für den Abstieg genutzt wird.
Mal bessere, mal weniger ausgeprägt finde ich bis in die Scharte Weglein, Wildfährten, Kuhsteige. Manchmal will ich im Bachbett bleiben – und werde mit Wasser–Kunstwerken überreich belohnt.
Die Schneefelder sind pickelhart, aber griffig.
Von der Scharte – auf der Südseite ist es windstill; Zeit für eine Trink-Pause – führt die Markierung auf sehr gutem Weg (zwei imposante Felsburgen bluffen nur!) zum Gipfel des Hinteren Moderecks.
Der Wind ist so schwach, dass ich mich inmitten des Panoramas zu einer Gipfelrast entschließe.
Ich will eine Runde machen und dem so nett geschwungenen unbenannten See einen Besuch abstatten. Im steilen, gut gefrorenen Schutt suche ich mir den besten Weg, der Schnee lässt her Stapfen zu, meine Stöcke geben mir ein sicheres Gefühl.
Der schlängelige See, der sich vor der Stirnmoräne gebildet hat, ist dick vereist und wirft spielerisch einen Sonnenstrahl nach dem anderen in immer neue Richtungen. Ein Dutzend Schneehühner, schon ganz in festlichem Weiß, fliegen auf.
Das Vordere Modereck soll nicht zu kurz kommen – doch der N-Grat ist nicht empfehlenswert…
Ich suche mir im Wechselspiel mit Landkarte und Naturgegebenheiten einen Durchstieg zu den weiten Almwiesen.
Immer wieder habe ich es beobachtet: Dort, wo es steil wird, haben sich Wegspuren gebildet; im leichten Gelände verlieren sie sich wieder.
So stiefle ich der Diesbach Alm entgegen – und lasse die Fahrspuren des Quad, die ich bereits bei etwa 2.300 Meter quere, unbeachtet.
Noch eine gute ¾ Stunde bis der frühere der von mir ins Auge gefassten Züge den Bahnhof Taxenbach verlassen wird. Eine steile Vorgabe, die ich nicht schaffe, obgleich man es auf der so gut gewalzten Almstraße so richtig sausen lassen kann. Der Gegenanstieg von Rauris zur Rauriser Höhe drückt den Schnitt…
Manchmal wirken Zugverspätungen wie ein persönliches Entgegenkommen der ÖBB – um 15:34 Uhr bin ich (mein Rad bäumt sich auf der Treppe mit Unterstützung der Schiebehilfe auf wie ein scheuendes Pferd) am Bahnsteig und sitze nach weiteren 5 Minuten im 10 Minuten verspäteten REX.
Fazit
Das Hintere Modereck lässt sich vom Rauriser Tauernhaus her gut besteigen.
Allerdings: Im Winter ist das Seidlwinkltal oft von Lawinenkegel verriegelt, im Sommer schreckt „Otto Normalwanderer“ die fehlende Markierung.
So wird der alpine Feinspitz in dieser Region mit Schneehühnern und Gämsen (im Sommer wohl mit Kühen und Kälbern), rauschendem Wasser und den stillen, unbenannten Seen auch in Zukunft alleine die Flügel der Seele ausbreiten können.
Den einfachsten Auf/Abstieg, wo man fast durchgehend Wege/Steigspuren finden wird, habe ich hier versucht, auf der ÖK einzuzeichnen.