Bike and Hike über die Glockner Hochalpenstraße auf den Fuscherkarkopf

Foto: Karl Plohovich

Meine Obsession, die bike&hike – Möglichkeiten von Salzburg aus mit meinem E-Bike auszureizen hat mich verleitet, diese Tour zu planen und durchzuführen. Den mehr als 3000 Höhenmetern für Drahtesel und Reiter hat der Wanderer noch 1000 Höhenmeter zu Fuß hinzugefügt.

Steckbrief

Start/Ziel: Bahnhof Bruck-Fusch
Aufteilung Bike/Hike: 98 km/3300 hm Rad, 10 km/1000hm Wanderung

Meine „Lieblings S3“ um halb Fünf ist diesmal leer. Bequem sitze ich, lese, nütze die Toilette. (Wie gut ausgestattet diese Garnitur ist: sogar mit barrierefreiem WC!)

Pünktlich um 6:10 Uhr – der Lift von Bahnsteig zu Bahnsteig, wieder so eine bequeme Ausstattung – fahre ich noch in der Dunkelheit vom der Haltestelle auf die Glocknerstraße.

Noch mit Licht in der Morgenkühle… Foto: Karl Plohovich
Noch mit Licht in der Morgenkühle… Foto: Karl Plohovich

Kein Verkehr; ich beschließe, die Hinweise auf Radwege zu ignorieren. Bei der Mautstelle Ferleiten gibt es eine extra Radspur: man muss dann absteigen und einen Knopf drücken – nun darf man durch.

Die prachtvollen Wiesbachhorn – Ostabstürze: gewaltige 2500 Höhenmeter von Ferleiten. Foto: Karl Plohovich
Die prachtvollen Wiesbachhorn – Ostabstürze: gewaltige 2500 Höhenmeter von Ferleiten. Foto: Karl Plohovich

Ganz schön lang bis zur ersten Kehre… Kurz vor dem Fuscher Törl erreicht mich die Sonne. Der erste Blick zum Großglockner!

Viele Spitzen – eine ist die Höchste! Gedenkzeichen - Glockner – Sinwelleck- Fuscherkarkopf. Foto: Karl Plohovich
Viele Spitzen – eine ist die Höchste! Gedenkzeichen – Glockner – Sinwelleck- Fuscherkarkopf. Foto: Karl Plohovich

Nun geht es zur Fuscher Lacke knapp 200 Höhenmeter bergab: Warm anziehen! Dann kommt ein Tunnel, noch nicht das Hochtor sondern das Mittertörl, und dann erst das Hochtor. Erhebend, die höchste Stelle geschafft zu haben und durch den ebenen Tunnel zu rollen.

Die Römer mussten noch oben drüber… Foto: Karl Plohovich
Die Römer mussten noch oben drüber… Foto: Karl Plohovich

Gut 600 Höhenmeter Abfahrt erwarten mein Bike und mich. Mittlerweile ist es vorbei mit der Ruhe: gefühlt 50 Motorräder haben mich schon überholt; der Lärm der Motoren ist ständiger Begleiter auf den gut 400 Höhenmeter zur Franz-Josefs-Höhe. Bevor ich die letzte Steigung wage, steht mein Rad am Straßenrand und meine Hand sucht und findet Stärkungen in meinem Rucksack. Drei Stunden, nachdem ich den schützenden, stillen Wagon verlassen habe, suche ich auf 2.370 Metern einen Abstellplatz, der mir erlaubt, mein Rad auch anzuhängen. Ein GROHAG-Mitarbeiter meint, dass ich im Parkhaus schon etwas finden werde…

Gefunden: „Sicherheits-Bank“ – unter Solarpaneelen. Foto: Karl Plohovich
Gefunden: „Sicherheits-Bank“ – unter Solarpaneelen. Foto: Karl Plohovich

Rund um mich herrscht Trubel – ich will nichts wie weg, in die Berge, suche schnellen Schrittes ein Tor in die Freiheit, stiefle ein Treppenhaus hinauf, das sich als Sackgasse entpuppt… Schließlich finde ich einen Grotten – oder Geisterbahn ähnlichen Stollen: Beginn des Gamsgrubenweges, steinschlagsicher. Aus verborgenen Lautsprechern kommen unheimliche Geräusche, Gruselfilmmusik, … Märchen werden vorgestellt …

Die Geräuschkulisse kann ich (zum Glück) nicht mitliefern. Foto: Karl Plohovich
Die Geräuschkulisse kann ich (zum Glück) nicht mitliefern. Foto: Karl Plohovich

Mein Schritt wird immer schneller … „Wer hat euch erlaubt, meine Berge zu einer Markthalle zu machen?“
Der Ausgang des letzten der sechs Stollen ist mit einer Kette abgesperrt: „Ende des Weges, weiter dürfen nur erfahrene Alpinisten“ –  Der Test ist offenbar die Fitness, diese Kette zu übersteigen oder zu unterkriechen…

Dann blicke ich hinunter zur Pasterze: 1980 bin ich hier (Eiskurs auf der Oberwalder Hütte) u.a. mit meinem Bruder das erste Mal gegangen… und ein paar Jahre später von der Hofmannhütte auf den Glockner… Ich sehe einen verhungernden Gletscher im Todeskampf…

Werden und Vergehen (ORF.at: Ribisel wachsen auf der Pasterze). Foto: Karl Plohovich
Werden und Vergehen (ORF.at: Ribisel wachsen auf der Pasterze). Foto: Karl Plohovich

Bald ist die Abzweigung Fuscherkarkopf S-Grat erreicht. Ich adjustiere mich für den Aufstieg. Der Steig ist gut ausgetreten, bald kommen die ersten Seil-Geländer, die ihren großen Auftritt besonders bei Nässe oder Schnee haben.

Seilgeländer – nie reichen die technischen Schwierigkeiten an UIAA II heran. Foto: Karl Plohovich
Seilgeländer – nie reichen die technischen Schwierigkeiten an UIAA II heran. Foto: Karl Plohovich

Das Gelände ist – wie man hier sagt – bratschig: ein leicht verwitterndes, splittriges Gestein, das so stark in Bewegung ist, dass sich nur ganz spezielle Pflänzchen an vereinzelten, geeigneten Plätzen halten und entfalten können. Keine Markierung, aber gute Wegspuren; meiner Vorliebe gehorchend halte ich mich nach Möglichkeit am Grat.

Rückblick auf den S-Grat. Foto: Karl Plohovich
Rückblick auf den S-Grat. Foto: Karl Plohovich

Ich trete in eine deutlich kühlere Luftschicht ein, auch wird es neblig. Ab dem Punkt 3.252 Meter (AV-Karte, NW-Gipfel) geht es auf dem W-Grat Richtung Gipfel. Die Felsen, die begangen werden müssen – nichts für Ausgesetzt–Verweigerer – sind fest und technisch nie schwierig.

Manche mögen den Nebel hier als Vorteil empfinden… Foto: Karl Plohovich
Manche mögen den Nebel hier als Vorteil empfinden… Foto: Karl Plohovich

Länger als erwartet dauert es, bis der Gipfel in Sicht kommt. Shakehands mit dem Gipfelkreuz.

Kurz vor den Gipfelkreuz-Shakehands. Foto: Karl Plohovich
Kurz vor den Gipfelkreuz-Shakehands. Foto: Karl Plohovich

Es ist gegen ¾ 12. Da ich im windigen Nebel stehe, gibt es keine Gipfelrast, sondern nur eine kleine Stärkung während ich mich wärmer anziehe und die Schuhe für den Abstieg fester schnüre.

Das freundliche Bitte hat mich überzeugt, nicht bequem zu sündigen. Foto: Karl Plohovich
Das freundliche Bitte hat mich überzeugt, nicht bequem zu sündigen. Foto: Karl Plohovich

Nicht ganz eine Stunde später sitze ich in der Wiese bei der Abzweigung vom Gamsgrubenweg und halte Mittagsrast und Mittagsruhe. Als es mir nach Aufbrechen ist, ich den Rucksack am Rücken und den Hut auf dem Kopf habe und zwei große Schritte zum breiten Weg mache: Da will jemand bemerkt, liebkost werden: ich habe in einer Edelweißbahn geruht!

Eines von mindestens sieben - welche Freude! Foto: Karl Plohovich
Eines von mindestens sieben – welche Freude! Foto: Karl Plohovich

Die Geisterbahn-Grotte bringe ich, diesmal mit toleranteren Gefühlen (Kinder freue sich) hinter mich und setze mich im Parkhaus neben mein Rad. Die Wasservorräte habe ich mir in der Toilette aufgefüllt. Es beginnt leicht zu regnen, vom Johannisberg zieht ein Schauer talauswärts. Abwarten – hier unterm Dach? Ich entscheide mich für: Davonfahren! Und tatsächlich, bald nach dem Glocknerhaus wird die Fahrbahn trocken.

Wie viele von euch werden mich noch überholen? Foto: Karl Plohovich
Wie viele von euch werden mich noch überholen? Foto: Karl Plohovich

Ständig blicke ich mit Sorgenfalten auf die Akku-Anzeige: Wird es sich bis zum Fuscher Törl ausgehen? Ab dann ist es egal, – aber bergauf mit dem schweren Rad ohne Unterstützung? Keine angenehme Vorstellung. Zunächst also die Auffahrt zum Hochtor, dann nochmal hinunter, und – ich versuche mit Muskelkraft einen so großen Beitrag wie noch möglich zu leisten – von der Fuscher Lacke hinauf zum Törl: Geschafft! Jetzt kann ich mich – soweit es der Verkehr zulässt – entspannen. Mit den Autos halte ich im Großen und Ganzen mit, die Motorräder lassen sich dies (irgendwie kann ich es verstehen) nicht bieten und zischen an mir (mein Tacho zeigt 50+) vorbei.

Meine brave S3 wird kurz vor 17 Uhr fahren. Diesmal benütze ich – weil ich Zeit habe und aus Neugier – ab Fusch den Radweg, raste nochmal ausgiebig und besorge mir in Bruck für die bequeme Bahnfahrt eine Stärkung im am Weg liegenden Supermarkt.

Im Radabteil ist mein Drahtesel (der Rahmen ist aber aus Karbon) in guter Gesellschaft und kann von einer bestandenen Prüfung erzählen.

Stolz und selbstbewusst in guter Gesellschaft. Foto: Karl Plohovich
Stolz und selbstbewusst in guter Gesellschaft. Foto: Karl Plohovich

Fazit

Wie gewaltig die Landschaft ist, die sich beim Befahren der, fast durchwegs perfekt (!) asphaltierten, Glocknerstraße darbietet, brauche ich nicht extra hervorzuheben. Das E-Rad ist – bergauf – langsam genug, um dies in vollen Zügen zu genießen (wenn es den Ohren und Augen – abgesehen von der stillen Morgenstunde – gelingt, den Massenverkehr auszublenden). Der Weg auf den Fuscherkarkopf (ich habe ein Pärchen und eine Vierergruppe getroffen) ist ausgegangen, lässt aufgrund der fehlenden Vegetation und dem stark verwitternden Gestein (Anfang September: kein einziges Schneefleckchen bot dem Auge Abwechslung; kein einziges Rinnsal, um Wasser zu tanken!) Wüsten–Assoziationen aufkommen, die man mögen muss. Wer Edelweiß „in natura“ sehen will, kann mit wachem Blick das Plätzchen bei der Abzweigung des S-Grates aufsuchen.

Tourdaten

Die Route in Zahlen:   12:00 Std Bike & Hike   4.300 HM   4.300 HM   108 km   GPX Track

Ein Kommentar

  1. Gewaltig lieber Karl! Und auch deinen niedergeschriebenen Gedanken zu folgen, macht Freude! Danke und liebe Grüße, Veronika

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