Die feinen Kleinen im Gesäuse: Kleiner Buchstein und Tieflimauer

In der Buchsteingruppe im Gesäuse gibt es für zumindest halbwegs Ambitionierte die schöne Möglichkeit einer großzügigen Durchquerung vom „Eisenzieher“ bei St. Gallen bis Gstatterboden, mit einer Gipfeloption in leichter Kletterei (UIAA II) und einer zweiten mit Klettersteig (Schwierigkeit C). Auch wenn diese beiden Gipfel von den umgebenden klar überragt werden – sie geizen nicht mit fantastischen Aussichten und wunderbaren landschaftlichen Eindrücken!

Für Reisende über die Westbahnstrecke ist diese Tour insbesondere an Sonn- und Feiertagen empfehlenswert, weil da der Fahrplan geradezu perfekt ist: Ankunft 9:30, Abfahrt 19:33 (Stand 2025).

Anreise und Start beim „Eisenzieher“

Wir beide steigen in Amstetten in den Gesäusezug um, am Bahnhof Weißenbach-St. Gallen gibt es um 9:19 direkt den Anschlussbus der Linie 910 Richtung Liezen (der auch die 6 Minuten Zug-Verspätung dankenswerterweise abwartet). Ich steige hier um, der Plan ist, dass wir uns dann auf der Tieflimauer oder auf der Ennstalerhütte wieder treffen. Im Bus sind wir zu dritt: ein prominentes BzB-Mitglied, das eine Haltestelle weiter als ich fährt, steigt auch um – und einer, der an diesem Tag das gleiche wie ich vorhat. Somit kommen wir gleich ins Reden und gehen dann über weite Strecken gemeinsam. Die Tour beginnt beim „Eisenzieher“, einem ehemaligen Gasthaus, von dort sind es nur ein paar Minuten bis zum Parkplatz Griesbach:

Auch die Buslinie 910 hat ein Herz – ein grünes sogar! Foto: Manfred Hinteregger
Auch die Buslinie 910 hat ein Herz – ein grünes sogar! Foto: Manfred Hinteregger

Es geht mäßig ansteigend eine Forststraße entlang den Griesbachgraben hinein, ein paar köstliche Brombeeren vom Wegesrand erfreuen gleich einmal das Gemüt, und nach etwa einem weiteren Kilometer beginnt der eigentliche Wanderweg, der im Wald verläuft und ein paar Mal die Forststraße quert. Auf rund 1.000 Meter beginnt der Rücken des Sparerriedl (bzw. Sparerriegel), wo es dann zunehmend steiler wird und wir auf ca. 1.500 Meter die Latschenzone erreichen. Nach 2 Stunden ist die Abzweigung zum Kleinen Buchstein auf 1.790 Meter erreicht.

Auf den Kleinen Buchstein

Ein kurzes Stück Gehgelände folgt noch, und dann beginnt die Kraxelei auf den Kleinen Buchstein.

Hinweis: Der Normalweg auf den Kleinen Buchstein ist eine teilweise ausgesetzte Kletterei im 2. Schwierigkeitsgrad, der Fels ist meist, aber nicht immer fest. Die Ersteigung setzt daher eine gewisse alpine Erfahrung voraus, bei Nässe ist zudem dringend davon abzuraten.

Es ist eine anregende, auch durchaus fordernde Kletterei, der Wegverlauf ist durch rote Punkte gekennzeichnet, die teilweise aber schon etwas ausgebleicht sind. Etwas Gespür und Besonnenheit sind hilfreich. Eine gute Aufstiegsbeschreibung findet sich z.B. hier auf AV-Aktiv von Karl Linecker/ÖAV Linz.

Ich bin dann doch überrascht, als der letzte Gipfelaufschwung erscheint, dass es so schnell gegangen ist. Und pünktlich zum Zwölfeläuten ist dann der Gipfel auf 1.990 Meter erreicht – wobei, so ganz richtig ist das nicht, weil der höchste Punkt des Kleinen Buchsteins mit 1.994 Meter ein kleines Stück weiter südlich wäre. Der ist aber nur über eine fürchterlich ausgesetzte IIIer-Kletterei zu erreichen…

Am Gipfel haben wir zwar nicht den umfassenden Fernblick, aber immerhin hat es schon etwas aufgerissen, womit die Gipfelfreude gleich viel schöner ist. Kurze Zeit später trifft noch ein junges Pärchen ein, womit wir zu viert oben sind. Beim Abstieg kommen dann noch zwei nach.

Weiter zur Tieflimauer

Der Weg zur Tieflimauer führt zunächst ein Stück hinunter Richtung Mühlgraben. Es ist Aufmerksamkeit gefragt, nicht zuletzt, weil hier offenbar Starkregenereignisse zu einer gehörigen Erosion geführt haben, die den Weg teilweise weggeschwemmt hat. Man steigt hinunter bis auf knapp 1.500 Meter, dann quert man das Mühlkar, ehe der letzte Aufschwung zur Scharte wieder etwas steiler wird.

Von der Scharte geht es dann den Rücken entlang ostwärts Richtung Tieflimauer. Dieser Weg wird offenbar nicht so oft begangen, was seinen Reiz aus meiner Sicht noch erhöht. Die Blicke hinüber zur Hochtorgruppe sind auch eine Freude – Aufmerksamkeit ist trotzdem gefragt, es ist schon ein etwas alpineres Steiglein (von Outdooractive mit T4 klassifiziert). Ehe die Abzweigung zum Klettersteig kommt, sind es vorher etwa 100 Höhenmeter bergab.

Der Teufelsteig ist meiner Meinung nach ein anregender, schön angelegter Klettersteig – eine genauere Beschreibung gibt es z.B. hier auf AV-Aktiv von Csaba Szépfalusi/ÖAV Edelweiss, oder inkl. Topo hier vom Alpinverlag Jentzsch-Rabl. Die Schwierigkeit wird mit C (Alpinverlag) bzw. C-D (Csaba) angegeben. Der Fels ist überwiegend herrlich griffig und schön strukturiert, sodass man das Stahlseil immer wieder einfach „ignorieren“ kann. Vom Ausstieg des Klettersteigs sind es dann noch rund 10 Minuten bis zum Gipfel der Tieflimauer auf 1.822 m, den wir 5 ¾ h nach unserem Abmarsch erreichen. Mittlerweile hat die Sonne die Oberhand gewonnen – das Panorama hat dadurch im Vergleich zum Kleinen Buchstein noch einmal kräftig an Qualität dazugelegt. Welch eine Freude, hier in diesem traumhaft schönen Gebirge auf so einer wunderbaren Tour zu sein! Im „Gesäuse-Führer“ von Heinrich Heß aus dem Jahre 1890 steht dazu:

Das Gebirge ist alpin mit vielfach grossartigen, ausgedehnten Felsformationen, welche fast den gesammten, höheren Erhebungen ein rauhes, in seiner erhabenen Wildheit eigenartig schönes Gepräge verleihen. Die stockartige Anordnung, die […] Isolirung jedes einzelnen Stockes […] und der scharfe Contrast der hellfarbigen Kalkklippen mit dem tiefen Grün der üppig bewaldeten Thäler […] schaffen jene Factoren, welche dem Gesammtbilde den Stempel wirklich vollendeter, […] fesselnder Schönheit aufdrücken.“ (Heinrich Heß: Special-Führer durch das Gesäuse und durch die Ennsthaler Gebirge zwischen Admont und Eisenerz, 2. Auflage 1890, Artaria-Verlag, S. 6)

Dieses – zwar nicht orthografisch, aber inhaltlich – zeitlose Hohelied des Namensgebers der Hesshütte auf das Gesäuse gefällt mir sehr.

Zur Ennstalerhütte und hinab nach Gstatterboden

Den Normalweg geht es dann hinunter und hinüber zur Ennstalerhütte der ÖAV-Sektion Steyr, wo auch das geplante Treffen stattfindet. Zu dritt stoßen wir auf die schöne(n) Tour(en) an.

Für viele Geschmäcker was dabei auf der Ennstalerhütte. Foto: Manfred Hinteregger
Für viele Geschmäcker was dabei auf der Ennstalerhütte. Foto: Manfred Hinteregger

Der Abstieg nach Gstatterboden wird begleitet von der spätnachmittäglich sonnenbeschienenen Nordseite der Planspitze, die eine unheimlich faszinierende Pracht ausstrahlt.

Das Butterbründl auf knapp 1.300 m rinnt an diesem Tag nur sehr spärlich, aber das Kropfbründl weiter unten auf knapp 800 m rinnt nur so, dass es eine erfrischende Freude ist.

Eine kleine Enttäuschung gibt es dann aber auch noch: kurz vor dem Nationalpark-Pavillon lockt ein Getränkeautomat im vielversprechenden „Gebrüder Hopfen“-Design. Im Sortiment hat der Automat aber leider dann doch nicht das Admonter Gebräu, sondern an bierigem nur das blecherne Hopfenkracherl der holländischen Gebrüder in Leoben-Göss… (aber immerhin gibt’s eine Gesäuse-Perle)

Am Bahnhof Gstatterboden ist dann einiges los – der schöne Tag wurde auch von anderen ÖV-affinen Kletternden und Wandernden ausgiebig genutzt.

Die Planspitze hoch über dem Bahnhof Gstatterboden. Foto: Manfred Hinteregger
Die Planspitze hoch über dem Bahnhof Gstatterboden. Foto: Manfred Hinteregger

Wie von einem Instinkt geleitet, finden wir auf Anhieb den Waggon und sogar den Platz des prominenten BzB-Mitglieds – im ehemals Deutsche Bahn-Großraumwaggon geht es sodann gemütlich gemeinsam retour.

Fazit

Was für ein Privileg haben wir doch immer wieder mit unserem ÖV-Angebot! So eine feine Xeis-Durchquerung ist dadurch sogar als Tagestour möglich!

Tipps/Varianten

  • Genug Wasser mitnehmen – erst auf der Ennstalerhütte gibt es den ersten Nachschub (der mit der Materialseilbahn kommt…).
  • Wandervariante: die beiden Gipfel einfach auslassen (ist dann bis T4 auf der SAC-Skala), noch gemütlicher: mit Übernachtung auf der Ennstalerhütte. Variante bei ganz viel Motivation und Kondition: das Trio inkl. Tamischbachturm vollenden und nach Hieflau absteigen.

Tourdaten

Die Route in Zahlen:   9:30 Std Wandern   2.000 HM   2.000 HM   19 km   GPX Track

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