Herbst ist Hochnebelzeit. Bei einer stabilen Hochdrucklage hat man im Tal oft den ganzen Tag Dauergrau, während auf den Bergen der schönste Sonnenschein herrscht. Insofern hat es sich für mich angeboten, kurzfristig in die Berge zu fahren und dem Dauergrau zu entkommen.
Ich bin aus Nürnberg am Freitagnachmittag angereist, habe in Immenstadt übernachtet, um die Tour entspannt und ohne früh aufstehen zu müssen, starten zu können. Die Etappe am zweiten Tag war etwas kürzer, so dass ich noch bequem am Nachmittag heimfahren konnte.
Die Wanderung selbst ist eher ungewöhnlich. Die meisten würden wohl die Nagelfluhkette am Grat wandern, aber bei meiner Höhenangst wollte ich auf Nummer sicher gehen, und habe mir den Weg durch den Steigbachtobel ausgesucht. Aber natürlich wollte dann mit dem Stuiben auch einen Gipfel mitnehmen.
Für die Übernachtung im Kemptener Naturfreundehaus braucht man natürlich eine Reservierung, allerdings war eine Woche davor noch genug frei. Im Sommer ist das sicherlich anders.
Steckbrief
| Tag 1: Immenstadt – Stuiben – Kemptener Naturfreundehaus | 14 km, +1.100/-450 hm | einfach, SAC T2 |
| Tag 2: Kemptener Naturfreundehaus – Immenstadt | 9 km, +200/-850 hm | einfach, SAC T2 |
Von Immenstadt zum Stuiben und Kemptener Naturfreundehaus
Der Tag startet grau in Immenstadt. Die Webcam auf dem Grünten hat immerhin Sonne am Berg versprochen. Von der Brücke über die Bahngleise unweit des Bahnhofs hat man einen ganz guten Blick auf den Grünten, der aber – wie geschrieben – über der Wolkendecke lag:

Nach der Brücke geht es dann links zum Steigbach. Für einen kurzen Abschnitt kann man links des Bachs laufen auf einem Naturweg, dann muss man aber wieder kurz auf die Fahrstraße. Die endet aber bald.

Eine Informationstafel und die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnistafel erinnern an die Hochwasserkatastrophe von 1873, bei der 10 Menschen ums Leben kamen. Diese und weitere Hochwasser haben dann zur Wildbachverbauung Anfang des 20. Jahrhunderts geführt, die errichtet wurde, um weitere Katastrophen diese Art zu verhindern.
Man hat immer wieder die Wahl, direkt am Bach zu gehen oder die Forststraße zu nehmen. Der Weg am Bach ist zu empfehlen, hat man doch immer wieder Blicke auf Wasserfälle am Bach.

Nach 4 Kilometern (gerechnet vom Start) verlassen wir den direkten Weg am Bach, folgen aber weiter dem ungefähren Bachlauf. Am Wegrand befindet sich eine Kapelle. Wir halten uns links und folgen nicht dem Hauptweg nach rechts. Zunächst gehen wir einen Forstweg, der dann im weiteren Verlauf schmäler wird und sich zu einem Wanderpfad durch den Wald wandelt.

Nun wird es neblig. Man schwitzt mehr und die Brille beschlägt wegen der hohen Luftfeuchtigkeit. Ich muss zugeben, dass ich in dem Moment nicht mehr an Sonne geglaubt habe und mir nur gedacht habe „wozu mache ich das alles, wo ist mein Sofa?“.
Aber schon kurz danach wird der Nebel dünner. Ein Wasserfall.
Nur wenige Höhenmeter später, wir sind jetzt ungefähr auf 1.350 Metern, lichtet sich dann der Nebel. Meine Stimmung hat sich um 180° gedreht, ich bin wieder motiviert. Jetzt erstmal Pause machen und die Brotzeit auspacken. Am Rand des Weges finden sich Steine zum Sitzen.

Ein Wanderer kommt mir entgegen und berichtet, dass es im hinteren Verlauf etwas glitschig wird. Das stimmt, aber auf dem Weg nach oben geht es ganz gut. Ich bin froh, dass ich hier nicht nach unten muss!
Das Stück ist nur kurz, danach wird es flacher, wir sind endgültig über den Wolken. Auf der linken Seite befindet sich die bewirtschaftete Alpe Gund, auf der man auch übernachten kann. Ich hätte Lust auf eine kurze Kaffeepause gehabt, aber angesichts der bereits fortgeschrittenen Zeit habe ich dann den direkten Weg auf den Gipfel vorgezogen. Ich bin relativ spät los in der Hoffnung, dass sich der Hochnebel wie vorhergesagt bereits gegen 11 Uhr auflöst. Leider sind die Vorhersagen diesbezüglich ein Lotteriespiel und es blieb im Tal den ganzen Tag grau.
Der Weg auf den Gipfel ist unschwer. Zunächst ein Forstweg, wo man auch noch mit dem Mountainbike fahren kann, am Schluss ein einfacher Wanderpfad. Man ist dort oben nicht alleine, überlaufen empfand ich es allerdings dann auch nicht. Jetzt eine ausgiebige Pause und die angenehme Oktobersonne und den herrlichen Ausblick genießen. Der Stuiben befindet sich auf 1.749 m.



So gut wie man hochkommt, geht es auch nach unten. Vorbei an der Alpe Gund. Die Zeit reicht nicht mehr um dort einzukehren, zumindest nicht, wenn ich wie geplant vor 17 Uhr auf dem Kemptener Naturfreundehaus ankommen will.

Kurz nach der Abzweigung geht es über einen Pfad über die Wiese (man übersieht ihn fast schon) wieder in den Nebel hinein. Ich hoffe ja, dass die Hütte hoch genug ist, damit sie über dem Nebel liegt. Man weiß es nicht.


Zunächst geht es durch den Wald, danach kommt man noch an der Sennalpe Mittelberg vorbei. Dort kann man einkehren und sogar übernachten. Weiter geht man über ein kurzes Stück Mooslandschaft, vorbei an der Seifenmoos Alpe. Es ist sehr neblig und auch dementsprechend kalt.

Nicht mehr weit bis zur Hütte. Der Nebel lichtet sich, zumindest kurz. Ich komme gegen 16:30 Uhr dort an.

Nun gleich einchecken. Ich hab ein Zimmer für mich alleine (Doppelzimmer werden dort nicht gemischt belegt) im Nebengebäude. Bettwäsche wurde gestellt, man musste sie aber selbst beziehen, quasi wie in einer Jugendherberge.
Im Keller gibt es eine Dusche mit warmen Wasser für 6 Euro (fünf Minuten). Essen gibt es dann um halb sieben. Klassische Halbpension: Maultaschensuppe als Vorspeise, Nudeln mit Bolognese (alternativ vegetarisch) als Hauptgang und einen Nachtisch. Es war in Ordnung, aber sonderlich ausgefallen fand ich die Auswahl jetzt auch nicht. Ist ja so gesehen eher das Bergsteigeressen auf Alpenvereinshütten.
Gestört hat mich etwas das durchgelegene Lattenrost, bei den einfachen Matratzen finde ich ein Brett bzw. Rollrost, die nicht nachgeben, deutlich angenehmer. Und vor allem die fehlende Hüttenruhe: selbst im Nebengebäude kam eine Gruppe dann um 0:30 Uhr und hat alle aufgeweckt. Ähnliche Geschichten findet man auch in Bewertungen.
Aber ja, eine Berghütte ist kein Hotel, jeder empfindet etwas anders und deutlich besser als ein Matratzenlager war es allemal. Ingesamt hat die Übernachtung 80 € gekostet, dazu kamen dann Getränke und die Dusche. Das fand ich schon sehr günstig für ein eigenes Zimmer. Kartenzahlung ist nicht möglich.
Nun wird es im Oktober ja schon recht früh dunkel und der Nebel kam zurück. Insofern hatte ich die Hoffnung auf einen Sonnenaufgang auf der Hütte damit begraben. Schade.
Kemptener Naturfreundehaus – Immenstadt über Immenstädter Horn
Vom Nebengebäude gibt es einen Durchgang zum Hauptgebäude, man kann aber auch außenrum gehen. Insofern bin ich zum Frühstück dann erstmal nach draußen und war total überrascht, dass sich der Nebel über Nacht verzogen hat und es ungeplant einen tollen Sonnenaufgang gab. Ich war etwas zu spät dran, hatte ja nicht mit gerechnet.

Es hat sich also doch gelohnt, da oben zu übernachten! Neben der Hütte gibt es einen kleinen „Streichelzoo“, und so genießt auch diese Ziege den Sonnenaufgang.

Also jetzt erstmal in Ruhe frühstücken. Während ich das Abendessen nicht so überragend fand, war ich vom Frühstück angetan. Es gab ein Buffet, frisch aufgebackene Semmeln, Kaffee und Säfte. Da habe ich schon deutlich spartanischere Frühstücksvariationen auf Hütten erlebt.
Nun wird es wieder nebelig. Statt direkt nach unten zu gehen, will ich zunächst auf das Immenstädter Horn und hoffe, dass ich dort wieder über dem Nebel bin.

Von der Hütte aus geht es erstmal steil nach unten (es ist etwas rutschig), dann kommt der doch recht einfache Gegenanstieg zum Gipfel. Ein entgegenkommender Wanderer meinte, dass sich oben Sonne und Nebel abwechseln. Immerhin.
Ich werde zunächst enttäuscht, warte aber dann 10 Minuten ab, und siehe da, der Nebel lichtet sich. Über den Wolken! Es hat sich gelohnt, es ist herrlich. Von der anderen Seite kommen dann auch schon die ersten Tagesausflügler vom Tal den Berg hoch.


Jetzt geht es recht steil bergab. Nach dem kurzen, steileren und damit schwierigeren Stück folgen dann aber wieder Forstwege. Der Abschnitt im Nebel ist schnell vorbei und es ist einfach bewölkt. Der bunte Wald macht das Erlebnis aber wieder farbiger und schöner.

Vorbei an der Hochbergalpe wandere ich immer nach unten in Richtung Bühl am Alpsee. Bald hat man auch einen Blick auf den Großen Alpsee. Der Weg zieht sich, wie beim Abstieg üblich, etwas in die Länge.

Vor Bühl neben wir nicht den Weg auf der Straße durch den Ort sondern den etwas versteckten Jägersteig links.
Theoretisch könnte man ab Bühl auch den Bus nehmen. Wegen des Schienenersatzverkehrs passen aber die Anschlüsse in Immenstadt nicht, so dass ich einfach den Weg zu Fuß nehme. Am Seezentrum in Bühl gibt es jede Menge Möglichkeiten, nochmal einzukehren. Ich entscheide mich für einen kleinen Biergarten und eine Bratwurstsemmel. Im Sommer würde sich auch eine kleine Abkühlung im See anbieten.
Der Weg entlang der Bahnstrecke (auf der wegen des SEV gerade nichts fährt) und dem Kleinen Alpsee ist nochmal recht hübsch.

Und das war es dann auch leider schon. Noch ein kurzes Stück durch Immenstadt, schon ist man am Bahnhof bzw. in diesem Fall am Busbahnhof davor. Es ist jetzt kurz nach 13 Uhr. Die Bahnfahrt nach Nürnberg erfolgt ohne Probleme.
Fazit
Es war ein sehr schöner Saisonabschluss, eine Flucht aus dem Dauergrau in Nordbayern und nochmal die Atmosphäre einer Berghütte. Die angenehme Sonne am Berg und die herbstlichen Farben sind einfach was besonderes, auch wenn ich auf den Nebel hätte verzichten können.






